Klimagefühle, Abwehr und Hoffnung auf Psychotherapie

Eine psychodynamische Perspektive

Autor/innen

  • Anja Schnurr
  • Christine Bauriedl-Schmidt

DOI:

https://doi.org/10.30820/1664-9583-2022-2-45

Schlagworte:

Klimakrise, Psychodynamische Psychotherapie, Klimagefühle, Abwehr, Pathologien des Sozialen

Abstract

Die Klimakrise fordert die Menschheit heraus, die eigenen Lebenspraktiken vor dem Hintergrund von Klimaschutz und «Klimagerechtigkeit» radikal zu überdenken und zu transformieren. In diesem Artikel wird der Wert der psychodynamischen Perspektive für die erforderliche Transformation verdeutlicht. Angesichts der Klimakrise können verschiedenste Gefühle wie Angst, Trauer, Scham, Schuld, Neid und Ärger entstehen sowie innere Bedürfnisse und Wünsche miteinander in Konflikt geraten. Um die zumeist unangenehmen Gefühle und inneren Konflikte nicht fühlen und verdauen zu müssen, werden sie mithilfe von Abwehrmechanismen wie bspw. Verleugnung, Spaltung, Affektisolierung und Sublimierung ins Unbewusste verschoben. Da Abwehr nicht nur auf individueller Ebene stattfindet, ist auch die gesamtgesellschaftliche Perspektive bedeutsam. Als ethischer Rahmen für die Überwindung der Abwehr und gelingende Veränderung kann aus sozialpsychologisch erweiterten psychodynamischen Konzepten die Forderung nach einer Kultur der Fürsorge (Weintrobe) und Verantwortungsübernahme im Sinne des «Hüters des Anderen» (Orange) abgeleitet werden. Auf dieser Grundlage können Liebe, Gemeinschaftsgefühl, Klimakommunikation, Fokussierung auf Gewinne und ein gewährendes Überich hilfreich sein, um eine Brücke von der moralischen inneren Einstellung hin zu konkordantem, klimagerechtem Handeln zu bauen. Dabei kann die (psychodynamische) Psychotherapie einen zentralen Beitrag leisten.

Autor/innen-Biografien

Anja Schnurr

M.Sc. Anja Schnurr ist Psychologische Psychotherapeutin (Approbation in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie) und Dozentin an der Hessischen Akademie für integrative Psychotherapie (HAiP). Sie arbeitet in einem psychotherapeutischen Versorgungszentrum in Frankfurt/M. und bietet ambulante Einzel- und Gruppentherapien an.

Christine Bauriedl-Schmidt

Dr. biol. hum. Dipl.-Psych. Christine Bauriedl-Schmidt ist niedergelassen als Psychologische Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin (DGPT) in München, Mitglied des Vorstands und Dozentin der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse (MAP), Sprecherin des Netzwerk Freie Institute (NFIP) und Mitherausgeberin des Bandes Das Unbewusste in der Klimakrise sowie der MAP-Buchreihe «Psychoanalyse im klinischen, kulturwissenschaftlichen und interdisziplinären Diskurs» (Brandes & Apsel, ab 2023).
045-051 31196

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Zitationsvorschlag

Schnurr, A., & Bauriedl-Schmidt, C. (2022). Klimagefühle, Abwehr und Hoffnung auf Psychotherapie: Eine psychodynamische Perspektive. Psychotherapie-Wissenschaft, 12(2), 45–51. https://doi.org/10.30820/1664-9583-2022-2-45