Psychosomatik – Integration oder Polarisierung
Abstract
Der Paradigmenwechsel von der dualistischen (polaren) zur multifaktoriellen bio-psycho-sozialen Sichtweise ist heute Allgemeingut und wird durch die neurobiologischen Entdeckungen untermauert. Häufig geschlagene oder misshandelte Kinder weisen psychobiologische und „Verhaltens“-Narben auf, also nicht nur psychische Störungen, sondern ebenso somatische Erkrankungen wie Diabetes (Typ 2), Schlaganfälle und koronare Herzkrankheit treten im Verlauf des Lebens in dieser Population gehäuft auf. Was Psychoanalyse und Psychosomatik postuliert hatten, kann jetzt mittels bildgebender Verfahren und neuer Studien wissenschaftlich nachgewiesen werden: Frühe Traumatisierungen oder Ausgeschlossensein führen zu Somatisierungsstörungen, zu psychischen und somatischen Krankheiten, die zum Teil erst nach Jahrzehnten manifest werden. Neue Möglichkeiten in der Behandlung sehen wir in der Psychoedukation, in der wir unseren Patienten die neurobiologischen Erkenntnisse erklären. Ein Unterfangen, das aber gerade bei fremdsprachigen Patienten oft nicht greift. Das therapeutische Vorgehen in der hausärztlichen Praxis hängt sehr von der eigenen Ausbildung ab und wird näher beschrieben. Obwohl man denken sollte, dass der Paradigmenwechsel hinreichend bekannt ist und im Praxisalltag umgesetzt wird, sieht die Realität anders aus: „Psycho“-Diagnosen werden abgelehnt, die Behandlungen gelten als zu teuer und unter Ärzten sind diese „schwierigen Patienten“ unbeliebt. Dazu kommt, dass psychosomatisch arbeitende Ärzte in der Schweiz vom Krankenkassenverband jährlich mit Rückforderungsandrohungen belästigt werden, weil sie angeblich „zu teuer“ sind.Schlüsselwörter Psychosomatik; Traumatisierung; Psychosoziale Belastung; Schutzfaktor; Krankenkasse; somatoforme Störung
Downloads
Veröffentlicht
01.01.2008
Zitationsvorschlag
Loeb, P. (2008). Psychosomatik – Integration oder Polarisierung. Psychotherapie-Wissenschaft, (1), 3–7. Abgerufen von https://psychotherapie-wissenschaft.info/article/view/97
Ausgabe
Rubrik
Themenheft
Lizenz
Diese Zeitschrift bietet freien Zugang (Open Access) zu ihren Inhalten, entsprechend der Grundannahme, dass die freie öffentliche Verfügbarkeit von Forschung einem weltweiten Wissensaustausch zugutekommt.
Autor:innen, die in dieser Zeitschrift publizieren möchten, stimmen den folgenden Bedingungen zu:
- Die Autor:innen behalten das Copyright und erlauben der Zeitschrift die Erstveröffentlichung unter einer Creative Commons Namensnennung Lizenz, die es anderen erlaubt, die Arbeit unter Nennung der Autor:innenschaft und der Erstpublikation in dieser Zeitschrift zu verwenden (gemäß der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 3.0 DE-Lizenz).
Die Autor:innen können zusätzliche Verträge für die nicht-exklusive Verbreitung der in der Zeitschrift veröffentlichten Version ihrer Arbeit unter Nennung der Erstpublikation in dieser Zeitschrift eingehen (z.B. sie in Sammelpublikation oder einem Buch veröffentlichen).