Qualitative und quantitative Einzelfallforschung

Autor/innen

  • Marianne Leuzinger-Bohleber

Abstract

Nachdem einleitend Bezug genommen wird zu einigen zeitgenössischen Hintergründen der aktuellen Debatte um eine adäquate Evaluationsforschung im Bereich der Psychotherapie, werden kurz die damit verbundenen kultur- und wissenschaftstheoretischen Problemstellungen erwähnt, die in der psychoanalytischen Community u.a. im Diskurs um den spezifischen Status der Psychoanalyse als „Wissenschaft zwischen den Wissenschaften“ (Alfred Lorenzer, Arnold Modell u.a.) erörtert werden. Anschließend diskutiert die Autorin, bezugnehmend auf eine Arbeit von Ulrich Moser, die Analogien im Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozeß des klinischen und extraklinischen Forschers in der Psychoanalyse. Sie postuliert, daß beide Zugangsweisen, d.h. die On-Line- und die Off-Line-Forschung - bzw. die klinische „Junktimforschung“ und die extraklinische Psychotherapieforschung - zwei unterschiedliche, gleichwertige und sich potentiell ergänzende Forschungsstrategien darstellen. Beide weisen ihre Vorzüge, aber auch ihre Schwächen auf, die von skeptischen Forscherpersönlichkeiten wahrgenommen und reflektiert, von jenen, die auf der Suche nach „letzten Warhheiten“ und Überzeugungen sind, eher negiert und verleugnet werden. In anderen Worten scheint ihr das unerschütterliche Vertrauen in narrative Sinnstrukturen nicht weiter von einer selbstkritischen Forschung entfernt als das unerschütterliche Vertrauen in „objektive“ Zahlen. Darauf werden einige Möglichkeiten in beiden Forschungsfeldern aufgezeigt, produktiv mit dem „subjektiven Faktor“ umzugehen und dadurch die Qualität der klinischen und extraklinischen Forschung zu erhöhen. Schließlich wird anhand einer eigenen, empirischen Studie zur Veränderung kognitiv-affektiver Prozesse in Psychoanalysen ein konkreter Versuch einer Brückenbildung zwischen diesen beiden Forschungsstrategien vorgestellt.

Schlüsselwörter:
Einzelfallstudie, qualitative und quantitative Psychotherapieforschung, Psychoanalyse und Cognitive Science.

Autor/innen-Biografie

Marianne Leuzinger-Bohleber

Prof. Dr. phil. Marianne Leuzinger-Bohleber ist Professorin für Psychoanalytische Psychologie am Institut für Psychoanalyse der Fachbereiche 01 und 04 der Universität Gesamthochschule Kassel, ordentliches Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung, der Schweizer Gesellschaft für Psychoanalyse, der Society for Psychotherapy Research u.a.; psychoanalytische Teilzeitpraxis in Frankfurt/M. Forschungsschwerpunkte: klinische und empirische Forschung in der Psychoanalyse, Adoleszenzforschung, psychoanalytische Entwicklungspsychologie.

Korrespondenz: Prof. Dr. phil. Marianne Leuzinger-Bohleber, Am Ebelfeld 1a, D-60488 Frankfurt/M

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Veröffentlicht

01.04.1998

Zitationsvorschlag

Leuzinger-Bohleber, M. (1998). Qualitative und quantitative Einzelfallforschung. Psychotherapie-Wissenschaft, 6(2), 102–117. Abgerufen von https://psychotherapie-wissenschaft.info/article/view/585