Humanistische Psychotherapie in Deutschland

Report einer Blockade

Autor/innen

  • Jürgen Kriz

DOI:

https://doi.org/10.30820/1664-9583-2023-2-73

Schlagworte:

Humanistische Psychotherapie, Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie, WBP-Gutachten, Psychotherapieforschung, Kontextuelles Modell, Evaluation, Beweisbarkeit, Wissenschaftlichkeit, RCT-Design

Abstract

Vor fünf Jahren hat der deutsche «Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie» (WBP) in einem Gutachten nicht nur die Humanistische Psychotherapie als «wissenschaftlich anerkanntes Verfahren» abgelehnt, sondern sogar der 2002 vom WBP bereits anerkannten Gesprächspsychotherapie die «Empfehlung zur vertieften Ausbildung» entzogen. Nach anfänglichen Protesten vieler Wissenschaftler:innen und Institutionen gegen diese Bewertung ist ein Stillstand zu verzeichnen, zumal sich der WBP Diskursen über diese Kritik und die beanstandeten Bewertungen entzieht. Dieser Beitrag nimmt das 5-Jahres-Datum zum Anlass, einen Report der Kontexte und Umstände dieser Blockierung der Humanistischen Psychotherapie in Deutschland zu erstellen. Denn dieses deutsche administrative Regelwerk ist vielen nicht vertraut. Der Report fokussiert dabei auf Veröffentlichungen nach 2018. Zunehmend wird deutlich, dass die deutsche Ideologie von gegeneinander abgeschotteten Psychotherapieverfahren, deren «Wissenschaftlichkeit» ausschliesslich durch experimentelle RCT-Studien in Bezug auf spezifische Wirkfaktoren nachgewiesen werden muss, Befunden der internationalen Psychotherapieforschung nicht standhält. Immer mehr spricht für die vor allem von Wampold seit 2001 vorgetragene Sicht, dass kontextuelle Faktoren wesentlich zum Therapieerfolgt beitragen – also Aspekte, die in der Humanistischen Psychotherapie eine zentrale Rolle spielen. Der Beitrag schliesst mit der Hoffnung, dass der WBP den Diskurs aufnimmt und zu einer veränderten Bewertung der Humanistischen Psychotherapie kommt.

Autor/innen-Biografie

Jürgen Kriz

Prof. Dr. Jürgen Kriz ist Emeritus für Psychotherapie und Klinische Psychologie an der Universität Osnabrück, hatte aber über 25 Jahre auch Professuren in Statistik und Forschungsmethoden inne. Er ist Ehrenmitglied etlicher psychotherapeutischer Fachverbände, war Gastprofessor u. a. in Wien, Zürich, Berlin, Moskau, Riga und den USA, und ist Autor von über 20 Büchern und 300 Fachbeiträgen. Von 2004 bis 2008 war er Mitglied im WBP.
073-081 31246

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Zitationsvorschlag

Kriz, J. (2023). Humanistische Psychotherapie in Deutschland: Report einer Blockade. Psychotherapie-Wissenschaft, 13(2), 73–81. https://doi.org/10.30820/1664-9583-2023-2-73