Schemazerfall und Trauer: ein neues Modell zur Trauerarbeit

Autor/innen

  • Ulrich Kropiunigg

Abstract

Trauer ist eine Kulturtechnik und unterliegt Varianten von geglückt bis missglückt. Während schon in der normalen Trauer Stress auftritt, kommt es in der komplizierten zusätzlich zu psychischen Überlagerungen. Um diese Prozesse therapeutisch zu erfassen, wurden Phasenmodelle vorgeschlagen, die das Durcharbeiten der Trauer fordern. Nach einer Bewertung gängiger Phasenmodelle werden zwei Ergänzungen vorgeschlagen, die auf ein neues Trauermodell hinaus laufen. Im Gegensatz zu den Phasenmodellen, in denen es um die von Freud vorgeschlagene retrograde Klärung einer ambivalenten Beziehung geht, wird ein unvermeidlicher kognitiver Schemazerfall am Beginn der Trauer angenommen. Mit dem Verlust nahestehender Personen geht ein existentiell wichtiges Schema verloren, das aus Vorstellungen und Plänen mit den Verstorbenen bestand. Ein Leben ohne sie ist undenkbar. Trauerarbeit sollte daher nicht nur die Vergangenheit mit sondern auch die Zukunft ohne die als unersetzlich angenommenen Verstorbenen thematisieren. In diesem Prozess sollte die symbolische Gegenwärtigkeit der Verstorbenen eine wichtige Rolle spielen.

Schlüsselwörter Trauer; Trauerarbeit; kognitives Schema; Schemazerfall; Sinngebung; Weinen.

Autor/innen-Biografie

Ulrich Kropiunigg

Dr. phil. Ulrich Kropiunigg, a.o. Universitätsprofessor am Institut für Medizinische Psychologie der Medizinischen Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Biographische Faktoren der Alzheimer Erkrankung, Tabus in der Medizin und im Alltag, Teamentwicklung in der Lehre und in Organisationen.

Korrespondenz: Medizinische Universität Wien, Institut für Medizinische Psychologie Severingasse 9, 1090 Wien, Österreich

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Veröffentlicht

01.07.2009

Zitationsvorschlag

Kropiunigg, U. (2009). Schemazerfall und Trauer: ein neues Modell zur Trauerarbeit. Psychotherapie-Wissenschaft, (3), 108–117. Abgerufen von https://psychotherapie-wissenschaft.info/article/view/44