Abstract
This paper is concerned with the development and socialization of immigrant children, from the point of view of their cultural and ethnic identification. Specific experiences of ethnic minority children are effective in the building process of the individual personality structure. This is illustrated by treatment cases. Thereby, my focus is not so much on the related pathogenic questions but on the gains and resources as they potentially can result from an immigrant's situation. It is suggested that the differentiated understanding and positive valuation of the diversity of minority populations will produce particular curative and educative results. As an additional effort it may be worth to include the parents and associated professionals in the treatment process. The benefits of salutogenetic and protective factors are emphasized as they can result from national self-importance, pride, and ethnic identification. As I endorse, these personality characteristics often have a marked influence on the reduction of delinquency and violence.
Zusammenfassung
Ich befasse mich anhand von Fallbeispielen mit der Entwicklung von Migrantenkindern unter dem Aspekt ihrer kulturellen und ethnischen Identifikation. Auswirkungen spezifischer Erfahrungen als Ausländerkinder werden für den Aufbau ihrer Persönlichkeitsstruktur diskutiert. Dabei wird ausdrücklich nicht nur auf pathogenetische Zusammenhänge hingewiesen, sondern es werden auch Chancen und Ressourcen beleuchtet, die sich aus der Migrationserfahrung ergeben. Überlegungen zu psychotherapeutischem, aber auch pädagogischem und politischem Umgang mit Kindern von MigrantInnen führen zur Erkenntnis, dass einer aufwertenden Grundhaltung gegenüber der Vielfalt und Differenziertheit von Kulturen (und von Persönlichkeitsunterschieden) hohe kurative und edukative Bedeutung zukommt. Als wichtiger Aspekt wird auch der Einbezug von Eltern und Lehrern und weiteren Bezugspersonen des Kindes in die Behandlung hervorgehoben. Besonderes Gewicht lege ich auf die Darstellung salutogenetischer und protektiver Wirkung von Nationalstolz und ethnischer Identifikation in Abgrenzung und Konfrontation zur eher verbreiteten Betrachtungsweise pathogenetischer Auswirkungen solcher Identifikation, wie sie vor allem in der Diskussion von erhöhter Delinquenz und Gewaltbereitschaft ausländischer Jugendlicher auftritt. Ich vertrete und diskutiere die These, dass eine gelingende positive Identifikation und Wertschätzung der eigenen Ethnie, Nationalität und Kultur gewaltmindernd und gesundheitsfördernd ist. Ich empfehle in kurativer und edukativer Hinsicht, solchermaßen positiven Kräften mehr Beachtung zu schenken.
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Buchmann, R. Identität, Migration und Nationalismus: Von der positiven Kraft kultureller Identifikation. Psychotherapie Forum 12, 197–206 (2004). https://doi.org/10.1007/s00729-004-0067-9
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00729-004-0067-9
Key words
- Life span development
- Identity
- Migration and health
- Culture and nationality
- Psychotherapy with children and adolescents