Konferenzbericht
Peter Schulthess
Connecting Psychotherapy Practice and Research
Tagung des Science and Research Committee (SARC) der European Association for Psychotherapy (EAP)
18.-20. Februar 2016, Wien
Das SARC der EAP hat unter anderem zum Ziel, die Mitgliedsorganisationen der EAP zu Forschungsprojekten anzuregen. Die EAP vereint 128 Organisationen aus den Europäischen Ländern: Nationale Psychotherapieorganisationen wie z.B. die ASP, europaweite Fachorganisationen, Weiterbildungsinstitute. Ausserdem gehören über 120'000 Einzelmitglieder direkt oder indirekt zur EAP - ein riesiger Pool von Organisationen und Einzelpersonen also, den man zu Forschungszwecken aktivieren könnte.
Aus diesem Grund veranstaltete das SARC im Vorfeld der EAP Meetings im Februar 2016 eine Tagung mit eingeladenen ReferentInnen.
Etwa 100 Teilnehmende (die meisten repräsentierten eine nationale oder europäische Organisation oder ein Ausbildungsinstitut) liessen sich durch die ReferentInnen zu vermehrter Forschung inspirieren. Die englischsprachigen Präsentationen sind auf der Website der EAP (www.europsyche.org) zum Download bereitgestellt.
Es referierten:
Joachim Bauer: How the Social Neurosciences Add to our Understanding of the Psyche
Omar Gelo: Psychotherapy Research: Psychotherapy between practice and research
Chris Evans: How many ways can self-report change measurement help psychotherapy? Learning from CORE
Linda Finlay: Exploring human experience through relational-centred qualitative research
Volker Tschuschke: The wrong understanding of Evidence-Based Research in psychotherapy: A plea for intensive process-outcome research in naturalistic studies
Den Auftakt machte Joachim Bauer mit einem spannenden Referat zum Beitrag der sozialen Neurowissenschaften zum Verständnis der menschlichen Psyche. Sein Beitrag findet sich in bearbeiteter Form in diesem Heft.
Omar Gelo kam die Aufgabe zu, in einem Übersichtsreferat die Stärken und Schwächen verschiedener Forschungsdesigns in der Psychotherapieforschung darzustellen, von sogenannten RCT Studien (randomisierte kontrollierte Versuchsanordnungen) hin zu naturalistischer Praxisforschung und qualitativer Forschung.
Mit den drei folgenden Referaten wurden von Experten in ihrem Gebiet drei Projekte präsentiert, die für den Forschungsgegenstand der Psychotherapie als geeignet erscheinen.
Chris Evans gab eine Einführung in sein mittlerweile in der Forschungslandschaft weit verbreitetes Dokumentationssystem CORE. Es eignet sich, Therapieprozesse zu dokumentieren und auszuwerten. TherapeutInnen können sich in Pools einklinken, wo die Daten zu grossen Datenmengen zusammengeführt und ausgewertet werden können. CORE wurde als Messinstrument mittlerweile in vielen Ländern und Sprachen validiert.
Linda Finlay führte in ihren Ansatz einer relationalen qualitativen Forschung ein. Mit qualitativen Interviews der externen Forscher über abgeschlossene Therapieprozesse wird der Beziehungsgestaltung als gemeinsame Kreation von Patientin und Therapeutin dadurch ermöglichter Veränderungsprozesse grosse Beachtung gegeben.
Last but not least präsentierte Volker Tschuschke als Beispiel einer methodisch ausgereiften naturalistischen Praxisstudie das Design der PAP-S (Praxisstudie ambulante Psychotherapie Schweiz), welche die Schweizer Charta für Psychotherapie gemeinsam mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (Departement Psychologie) und dem Klinikum der Universität zu Köln realisiert hatte.
Zum Abschluss der Tagung diskutierten die Teilnehmenden in kleinen Gruppen, welches Design sie zu eventuellen eigenen oder gar internationalen Forschungsprojekte inspirierte.
Als Outcome der Tagung wurde gewünscht, dass vom SARC 4 verschiedene Projekte lanciert werden:
•Die Anwendung von CORE in Praxis und Ausbildung von Psychotherapeuten.
•Qualitative Forschung: Eine Veranstaltung mit Handlungsanweisungen, wie Interessierte gute qualitative Forschung betreiben können
•Entwicklung eines naturalistischen Designs analog der PAP-S für eine länderübergreifende Studie
•Vermittlung von Designs zu einfachen process-outcome Studien
Der Start zu weiterer Forschung mittels dieser Auftakt-Tagung war somit sehr erfolgreich und dem SARC bzw. der EAP wird die Arbeit nicht so rasch ausgehen.
Autor
Peter Schulthess ist Vorstandsmitglied der ASP und vertritt gemeinsam mit Gabi Rüttimann die ASP in der EAP. Er ist in der ASP Vorsitzender der Schweizer Charta für Psychotherapie und in der EAP Vorsitzender des SARC.
Korrespondenz