Rezension

Carina Horvatits

Krall, H. (2007). Trauma bei Kindern und Jugendlichen.

Szenische Arbeit in Psychotherapie und Pädagogik. Wien, Berlin: LIT Verlag GmbH & Co. KG , 189 S., Paperback, EUR 14,90; ISBN 3825895025

Der Autor des Buches, Dr. Hannes Krall, ist Psychotherapeut (Psychodrama), Supervisor, Organisationsberater und arbeitet am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung an der Universität Klagenfurt. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen vor allem im Bereich der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, wobei sein Interesse insbesondere auf die Themen Gewalt und Trauma, (sozial-) pädagogische und therapeutische Aspekte im Umgang mit Verhaltensbeeinträchtigungen gerichtet ist.

Thema dieses Buches ist es, Psychodramaarbeit unter einem praktischen Aspekt zu betrachten und die verschiedenen Anwendungsformen aufzuzeigen. Nach einem guten Einstieg durch die allgemeine, kurze und prägnante Erklärung des Psychodramas, veranschaulicht der Autor anhand von vielen Fallbeispielen den Nutzen und die Effektivität dieser Therapieform.
Anfänglich beschreibt der Autor die Therapieform des Psychodramas und erklärt einige Begriffe. So wird beispielsweise das allgemeine Thema Trauma und sein Vorkommen in der Gesellschaft genauer beschrieben. Krall unterscheidet hierbei zwischen den Begriffen Gewalt und Trauma. Nach dem Verfasser wird der Begriff ‚Gewalt’ „objektiv als eine äußere schädigende oder verletzende Handlung beschreiben“. (S. 9) ‚Trauma’ hingegen beinhaltet eine „objektive und subjektive Komponente. Es geht dabei um ein äußeres Ereignis oder um Prozesse, die das Individuum bedrohen und überfordern.“ (S. 9)
Laut Krall bestehen die Risikofaktoren für vermehrtes Zustandekommen von Gewalt in einem niedrigen sozioökonomischen Status, beengten Wohnverhältnissen und Arbeitslosigkeit. Durch den Zerfall einer Elternbeziehung zu einem Kind kann es zur traumatischen Reaktion kommen, die je nach der Persönlichkeitsstabilität unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Psychotherapie und Pädagogik wollen hierbei Lösungswege schaffen, in denen es um die Schaffung von Sicherheit, der Entwicklung von Selbstwert und sozialer Kompetenzen, der Ermöglichung von Sinn- und Wertorientierungen und der Eröffnung von Zukunftsperspektiven geht. Des Weiteren werden die Unterschiede zwischen der Begegnungsbühne, Spielbühne und der sozialen Bühne beschrieben. Bei der Begegnungsbühne treten das Kind und der Therapeut miteinander in Kontakt und starten ein Arbeitsverhältnis. Auf der Spielbühne können symbolische oder auch konkrete psychodramatische Spiele inszeniert werden. Bei der sozialen Bühne wird die Lebenswelt des Kindes angesprochen. Krall weist weiters darauf hin, dass es für die Entgegenwirkung von Konflikten, die auf traumatische Erfahrungen zurückzuführen sind, wichtig ist, ein besonders einfühlsames Verständnis von Trauma, Traumaverarbeitung und Folgewirkungen bei Kindern und Jugendlichen aufzubringen. Zudem beschreibt Krall den Ablauf des Psychodramas mit der Phase der Erwärmung, der Aktions- oder Spielphase und der Abschlussphase. Er geht dabei auf die historischen Wurzeln der Therapie ein und beschreibt das Leben Morenos. Als veranschaulichendes Beispiel erklärt er die Situation in einer Jugendwohngemeinschaft, in der es zu mehreren gewalttätigen Übergriffen gekommen war. In der Erwärmungsphase gab es ein Vorstellungsgespräch, in dem die Jugendlichen animiert wurden, ein Bild zum Thema Gewalt zu malen oder einen Satz oder ein Symbol dazu zu kreieren, welches sie anschließend in der Gruppe nachspielen sollten. Danach wurden die Jugendlichen in 3er Gruppen eingeteilt und sollten sich ein Rollenspiel zum besagten Thema überlegen, welches dann in der Spiel- oder Aktionsphase dargestellt wurde. Im darauffolgenden Rollen-Feedback erzählten die Jugendlichen wie es ihnen in der Rolle ergangen war, und beim abschließenden Processing hatten die Bewohner der Wohngemeinschaft Zeit, die aufgegriffenen Themen in einer Diskussion weiterzuführen.

Im Mittelteil formuliert der Autor seine therapeutischen Erfahrungen anhand vieler prägnanter Fallbeispiele. Er geht hierbei beispielsweise auf die Arbeit mit dem 11-jährigen F. ein, der durch seine schlechte Integration in der Klasse aufgefallen war und einige traumatische Erfahrungen in seiner Familie gesammelt hatte. Der Autor zeigt anhand dieses Falles die Wichtigkeit des Aufbaues einer therapeutischen Vertrauensbasis, die mittels szenischer Arbeit oder intermediären Objekten, wie zum Beispiel der Verwendung von Bauklötzen oder Handpuppen, gefördert werden kann. Weiters beschreibt der Verfasser die verschiedenen Trauma-Typen; so unterscheidet er beispielsweise zwischen dem Schocktrauma durch ein einmaliges traumatisches Ereignis und dem Trauma-Typ II, das durch mehrfache traumatische Ereignisse zustande kommt.

Zum Schluss schildert der Autor einige Studien zum Thema Trauma und Rechtsextremismus. Er zeigt dabei auf, dass Gewalt oftmals mit schlechtem Schul- und Klassenklima, sozialer Ausgrenzung und negativer sozialer Etikettierung in Verbindung steht. Krall beschreibt auch, dass es spezifische Geschlechtsunterschiede zwischen physischen Gewaltformen gibt. So ist körperliche Gewalt primär dem männlichen Geschlecht zuzuordnen. Nach Krall suchen Jugendliche mit Gewalterfahrungen und einer fehlenden unterstützenden Bindung nach Vorbildern, mit denen sie sich identifizieren können - oft sind dies starke Helden aus dem Fernsehen.

Rückblickend kann gesagt werden, dass das Buch „Trauma bei Kindern und Jugendlichen. Szenische Arbeit in Psychotherapie und Pädagogik“ von Hannes Krall einen wertvollen Beitrag zum Verständnis für psychologische und pädagogische Arbeit, insbesondere jedoch für die Psychodramatherapie liefert.