Rezension

Claudia Scharf-Kreisler

Ensel, D. & Stiegler, G. (Hrsg.): „Ein Stück Himmel"

Psychodramatikerinnen begegnen sich (Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie, Sonderheft 2)

183 S., VS / Springer, Wiesbaden, 2010. EUR (D) 29,95 / EUR (A) 30,80 / CHF 37,50 UVP. ISBN 978-3-531-17970-4

Die beiden Herausgeberinnen Dorothea Ensel und Gabriele Stiegler haben im Zeitraum von 2004 bis 2010 Psychodramatikerinnen fünf aufeinanderfolgender Generationen interviewt, darunter Zerka T. Moreno, Grete Leutz und Heika Straub um hier nur die bekanntesten zu nennen. Das Buch ist eine liebevolle Hommage aus Sicht der Frauen an die Methode Psychodrama und ihren Begründer J.L. Moreno.

Warum sie ausschließlich Psychodramatikerinnen befragt haben, liegt daran, dass Ensel und Stiegler – selbst als Psychodramatikerinnen tätig – am eigenen Leib erfuhren wie das Psychodrama in äußerst positiver Weise zur weiblichen Identitätsbildung beitragen kann.

Gleich im ersten Interview erzählt Zerka T. Moreno von ihren psychodramatischen Anfängen, was sie von ihrem Mann in der Art Psychodrama zu gestalten unterschied und vor allem auch wie sie neben seiner starken Persönlichkeit bestehen konnte.

Alle Frauen erzählen wie sie mit dem Psychodrama in Verbindung kamen und über ihre teilweise persönlichen Erfahrungen mit und Verbindungen zu J.L. Moreno. Auch über ihren Beitrag zum Psychodrama als „Frau“ – ihre ganz individuelle Note, die sie ins Psychodrama mit einbringen wird gesprochen.

Die Interviews sind gut verständlich. Durch die wörtliche Wiedergabe erhalten sie besonderen Charakter und erleichtern so auch den Lesefluss.

Aus den Interviews mit den „Zeitzeuginnen“ Morenos, wie etwa Straub oder Leutz erfährt man sehr persönliche Erinnerungen an ihn, die wohl kaum in einem anderen Buch über Moreno zu finden sind, so zum Beispiel die Erlebnisse von Grete Leutz an seinem Sterbebett. Was dem Leser / der Leserin sicher auffällt, sind die Zukunftswünsche und Visionen, die die einzelnen Psychodramatikerinnen für die Methode haben.

Da Ensel und Stiegler ihren Einstieg in die Interviews meist mit der Frage, wie die jeweilige Person zum Psychodrama gekommen ist beginnen, ergibt sich der weitere Gesprächsverlauf praktisch von selbst.

Dabei erzählen die Psychodramatikerinnen von ihren zahlreichen Erfahrungen mit dem Psychodrama und in diversen Beispielen schildern sie begeistert was es mit ihnen „gemacht“ hat, wobei alle jedoch von unterschiedlichen Zugängen geprägt sind. Auffallend ist, dass sich viele der interviewten Frauen mehr Männer im Psychodrama wünschen, und zwar nicht nur auf Klientenseite.

Aus dem Buch geht auch hervor, dass Psychodrama in Deutschland keine anerkannte Therapiemethode ist, was sich nahezu alle Interviewpartnerinnen sehr wünschen würden. Die Frauen verbindet außerdem eine persönliche Beziehung zueinander, sei es weil sie gemeinsam an der Gründung von Moreno-Instituten beteiligt oder dort in der Mitarbeit tätig waren oder bei der ein oder anderen ihre Psychodrama-Ausbildung absolvierten. Auch die Herausgeberinnen haben sich durch gegenseitiges Interviewen eingebracht, was dem Buch eine sehr sympathische Note verleiht.

Vom Aufbau her ist das Buch sehr klar strukturiert, da Ensel und Stiegler mit der ersten Psychodrama-Generation beginnen und mit der fünften, also der jetzigen, gerade noch in der Ausbildung befindlichen enden. Dadurch kann der Leser/die Leserin einen schönen Vergleich zwischen den verschiedenen Jahrzehnten ziehen.

Dass man an der einen oder anderen Stelle noch über Rechtschreibfehler stolpert, tut dem Lesevergnügen aufgrund der spannenden Inhalte keinen Abbruch.

Für eine eventuell weitere Auflage wäre den Herausgeberinnen jedoch ein intensiveres Lektorat ans Herz zu legen.

Das Buch ist in jedem Fall sehr empfehlenswert, der Leser/die Leserin sollte meiner Meinung nach aber mit der Geschichte und Methode des Psychodramas vertraut sein, um sich intensiver damit auseinandersetzen zu können.