Rezension
Anna Theresia Briburg
Tillian, Sabine (2010): Psychodrama mit alten Menschen
…weil JEDER Mensch eine Rolle spielt...
Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller GmbH & Co. KG. . ISBN 978-3-639-29199-5
„Psychodrama mit alten Menschen …weil JEDER Mensch eine Rolle spielt…“ ist eine wissenschaftliche Arbeit, die sich auf Textstellen anderer AutorInnen bezieht, eigene Erlebnisse während ihrer Praktika zur Klinischen Psychologin beschreibt, sowie Interviews mit einigen BewohnerInnen an einer Pflegestation einer Landeskrankenanstalt wiedergibt.
Tillian beschreibt auf sehr interessante und einfühlsame Weise den Umgang der Gesellschaft, insbesondere des Pflegepersonals mit alten Menschen, die ihre letzten Tage, Monate und Jahre in einem Pflegeheim verbringen „müssen“. In ihrem Buch stellt Tillian Jakob Levy Moreno, den „Vater“ des Psychodramas, der Aktions-Soziometrie und Mitbegründer der Gruppen-Psychotherapie, Psychotherapeut, Arzt, Märchenerzähler, Dichter Regisseur und „Gottheit“ vor, in dem sie sein Leben skizziert. Sie knüpft in ihrer eigenständigen Arbeit an die Theorie Morenos an und versucht die Arbeitsweise des Psychodramas bei alten Menschen klar zu definieren. So erörtert sie zuerst das Psychodrama und die Gruppenpsychotherapie mit ihren Definitionen, Phasen und Zielen. Mit einfühlsamen Gedichten von Sabine Mehne geht sie über zur Geriatrie und den damit verbundenen körperlichen und seelischen Veränderungen des Menschen im Alter. Sie diskutiert die ethische und moralische Dimension mit dem Umgang alter, pflegebedürftiger Menschen und erklärt die unterschiedlichen Therapieformen der Psychotherapie wie dem des Psychodramas und der Gruppenpsychotherapie. Sehr klar und einfühlsam schreibt sie über das Sterben und den Tod sowie den Umgang mit diesemheiklem Thema. Das letzte Heim des Friedens, die Hospizbewegung und die Betreuung der Angehörigen eines Sterbenden, bearbeitet sie in einem weiteren Kapitel. Demenzerkrankte Menschen sowie die Bearbeitung von Trauer runden den 1. Akt (die Autorin bezeichnet die verschiedenen Kapitel mit Akt – wohl eine Anlehnung an Jakob Levy Morenos Psychodrama-Bühne) ab.
Im 2. Akt stellt Frau Tillian eine Studie von Hirsch & Kranzhoff (2004) über eine Humorgruppe mit alten Menschen in einer gerontopsychiatrischen Abteilung in Bonn vor. Die Studie wurde an einer Versuchsgruppe, die stationär untergebracht war und einer Kontrollgruppe, die aus der Tagesklinik kam, durchgeführt. Als Untersuchungsinstrument wurden beiden Gruppen vor Beginn und nach Abschluß der Studie folgende Testverfahren vorgelegt:
Trait-Version des State-Trait Heiterkeitsinventar <30> (in einer auf 30 Items verkürzten Version).
State-Version des State-Trait Heiterkeitsinventar <30> (Standardversion)
Geriatric Depression Scale (GDS) von Yesavage und Brink (1983) (Kurzform mit 15 Items; dt. Version)
Diese Studie ergab, dass eine Humorgruppe für alte Menschen besonders signifikant und notwendig ist.
Im Punkt 2.2 erstellt Tillian eine sehr interessante Studie mittels standardisiertem Interview: Geriatrische Patienten teilen sich mit: 7 Einzelschicksale. Hier stellt sie die Frage, ob psychodramatisches Arbeiten im geriatrischen Feld möglich und auch erwünscht ist. Die Auswertung zeigte, dass die Befragten viele Interessen teilen, dass Rollenspiele bei hochbetagten Menschen durchführbar sind sowie der Wunsch nach Aufarbeitung von früheren und derzeitigen Erlebnissen im Vordergrund steht.
Im Akt 3 „Die Integrationsphase“ untersucht Tillian die Hypothese, dass Kinder realistische Vorstellungen über das Altwerden haben. In dieser Studie untersucht sie die Einstellung von 11 Kindern zum Thema „Altwerden – Altsein“. An Hand von Kinderzeichnungen analysiert sie die Vorstellungen der Kinder zu alten Menschen.
Abschließend setzt sich die Autorin noch mit einer Studie über: Humor, Alter, Tod auseinander indem sie die Gedanken Erwachsener mittels Fragebogen zum Thema festhalten lässt.
Insgesamt wurden auf 158 Seiten dieses Buches alle Fragestellungen von der Autorin umfassend beantwortet. Eine kritische Auseinandersetzung Tillians mit den von ihr gestellten Fragen und Testverfahren ist gelungen. Ein interessantes, lesenswertes Buch, das mitunter sehr zu Herzen geht.
Autorin
Sabine Tillian, geb. 1981, lebt in Kärnten/Österreich. Sie ist Klinische- und Gesundheitspsychologin, Adipositastrainerin, begleitet Sterbende und Menschen nach Verlusterlebnissen. Ferner ist sie ausgebildete Rettungssanitäterin. Im Alter von 24 Jahren gründete sie das ai-StudentInnennetzwerk an der Alpen–Adria-Universität in Klagenfurt und installierte eine Forumtheatergruppe. Über mehrere Jahre war Tillian in der Mobilen Hospizbegleitung und im behindertenpädagogischen Projekt „Menschen im Alter mit psychischer und/oder physischer Beeinträchtigung“. 2011 begann sie die Psychodrama – Therapieausbildung, parallel dazu die Ausbildung zur Diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester. Außerdem ist sie auch an der Alpen-Adria–Universität in Klagenfurt, sowie in freier Praxis tätig. Ihr wichtigster Grundsatz ist: „Unmögliches möglich zu machen.“