Entwicklung, Risikofaktoren und Schutzmechanismen von Einsamkeit

Über die Lebensspanne und im höheren und hohen Erwachsenenalter

Mareike Ernst

Psychotherapie-Wissenschaft 14 (2) 2024 9–15

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CC BY-NC-ND

https://doi.org/10.30820/1664-9583-2024-2-9

Zusammenfassung: Einsamkeit stellt ein substanzielles Gesundheitsrisiko dar und steht als solches aktuell im Fokus empirischer Untersuchungen. Ein Schwerpunkt der Einsamkeitsforschung liegt häufig auf dem höheren Lebensalter, da spezifische Risikofaktoren in dieser Lebensphase besonders ausgeprägt sind. Gleichermassen ist Einsamkeit nicht universell und auch nicht ausschliesslich ein Problem des Alter(n)s; vielmehr können Menschen in allen Lebensphasen von Einsamkeit betroffen sein, mit einem ersten Höhepunkt im jungen Erwachsenenalter. Wissenschaftlich ist Einsamkeit als ein negatives emotionales Erleben definiert. Diese Wahrnehmung ist sowohl von individuellen Persönlichkeitseigenschaften als auch von situativen Lebensumständen abhängig. Zur Kontextualisierung dieses Gefühls in der Lebensspanne gehören Veränderungen in sozialen Bedürfnissen und Beziehungen im Laufe des Lebens, kritische Lebensereignisse, positive/negative Auffassungen des Alter(n)s bzw. Perspektiven auf ältere Personen sowie die individuelle Entwicklungsgeschichte inkl. internalisierter Beziehungserfahrungen. Abgesehen von der gesellschaftlich-strukturellen Ebene kann Einsamkeit auch ein Fokus in der Psychotherapie sein; und psychotherapeutische Interventionen können verschiedene der genannten Aspekte fokussieren, um Einsamkeit zu lindern und Betroffene zu stärken. Dazu gehören bspw. die Auseinandersetzung mit widerstreitenden Wünschen (z. B. nach Autarkie und Versorgung) vor dem Hintergrund altersbedingter Verluste und die Stärkung psychischer und sozialer Ressourcen älterer Menschen.

Schlüsselwörter: Einsamkeit, Alter, Risikofaktoren, Schutzfaktoren, Persönlichkeit, Bindung, Psychodynamik

Einsamkeit stellt ein bedeutendes Gesundheitsrisiko dar, das sowohl die psychische als auch körperliche Gesundheit beeinträchtigen kann. Empirische Forschung hat konsistent aufgezeigt, dass vor allem chronische Einsamkeit mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Depressionen, Angststörungen und einer verkürzten Lebenserwartung korreliert (Holt-Lunstad, 2021; Holt-Lunstad et al., 2015). In den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie, die global Zunahmen an Einsamkeit mit sich gebracht hat (Ernst et al., 2022), ist das wissenschaftliche und gesellschaftliche Interesse an der Einsamkeit erheblich gestiegen, was sich in einer Zunahme einschlägiger Studien und Initiativen zur Bekämpfung dieses Phänomens widerspiegelt. Dabei sind verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich stark von Einsamkeit betroffen, und auch das Alter einer Person spielt dabei eine Rolle – sowohl hinsichtlich ihrer Vulnerabilität gegenüber Einsamkeit als auch hinsichtlich der Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden, die Einsamkeit bei ihr entfaltet.

Einsamkeit – ein Thema des Alter(n)s?

Ein grosser Teil der Einsamkeitsforschung fokussiert das höhere Lebensalter. Tatsächlich fallen in den späteren Lebensphasen verschiedene spezifische Risikofaktoren zusammen, auf die im Folgenden noch eingegangen wird. Gleichwohl stellt es eine unzutreffende Simplifizierung dar, Einsamkeit als ein Thema des Alter(n)s zu konzeptualisieren: einerseits, weil dadurch aus dem Blick gerät, dass Menschen in jeder Lebensphase von Einsamkeit betroffen sein können (und ein erster Einsamkeitshöhepunkt bspw. im jungen Erwachsenenalter liegt) (Qualter et al., 2015; Reinwarth et al., 2023); andererseits, weil eine stereotypisierende Assoziation von Alter(n) und Einsamkeit nahelegt, es sei normativ, im höheren Lebensalter einsam zu sein; dieses Erleben sei somit erwartbar, unentrinnbar und gewissermassen zu akzeptieren. Diese Ansicht ist jedoch so nicht haltbar. Obschon sich mit dem Älterwerden die Gestaltung und Gewichtung sozialer Beziehungen verändert (z. B. von einem Fokus auf Beliebtheit unter Peers und einen möglichst grossen Freundeskreis in der Pubertät hin zu tiefen, überdauernden Freundschaften sowie einer vertrauensvollen romantischen Paarbeziehung im Erwachsenenalter), sind viele ältere Menschen sozial sehr gut eingebunden, haben befriedigende Beziehungen und fühlen sich nicht einsam.

Einsamkeit aus wissenschaftlicher Sicht

In der psychologischen und allgemein sozialwissenschaftlichen Forschung ist Einsamkeit als negatives emotionales Erleben definiert, das aus einer subjektiv wahrgenommenen Diskrepanz zwischen den tatsächlich verfügbaren und den gewünschten sozialen Beziehungen hervorgeht (Perlman & Peplau, 1984). Damit ist die Entstehung von Einsamkeit sowohl von der Person als auch von ihrer Situation abhängig. Analog haben empirische Studien gezeigt, dass sowohl Persönlichkeitseigenschaften, wie z. B. Introversion und Extraversion (Buecker et al., 2020), und dimensionale Konzeptualisierungen der Persönlichkeitspathologie, wie das Strukturniveau (Ernst et al., 2023), als auch Lebensumstände, wie z. B. die Wohnsituation oder das Vorhandensein einer Partnerschaft (Fierloos et al., 2021), Implikationen für die individuell empfundene Einsamkeit haben.

Entwicklung von Einsamkeit über die Lebensspanne

Die Frage nach der Stabilität bzw. Variabilität von Einsamkeit ist aus empirischer Sicht nicht trivial, da viele der verfügbaren Studien unterschiedliche Stichproben im Querschnitt betrachtet haben (statt dieselben Personen über die Zeit zu begleiten), aus denen in Übersichtsarbeiten sozusagen künstlich Entwicklungstrajektorien zusammengesetzt wurden, die einen verzerrten Eindruck vermitteln können. So kommt es teilweise auch zu konfligierenden Einschätzungen, welche Altersgruppe vergleichsweise am meisten gefährdet ist. In einer aktuellen Metaanalyse längsschnittlicher Studien von Mund et al. (2020) zeigte sich nach der Kindheit ein signifikanter Anstieg der Einsamkeit während der Adoleszenz, mit einem stärkeren Effekt für Männer im Vergleich zu Frauen. Die Einsamkeit nahm im Alter tendenziell zu, wobei der Effekt bei Personen über 65 Jahren grösser war als bei jüngeren Erwachsenen. Die Gesamteffektgrösse für die Stabilität der Einsamkeit über die Lebensspanne war mässig, was darauf hindeutet, dass die Einsamkeit im Laufe der Zeit zwar relativ konstant bleibt, aber auch kein deterministisches Schicksal bedeutet.

Auch Qualter et al. (2015) stellten dar, dass Einsamkeit nicht auf bestimmte Abschnitte der Lebensspanne beschränkt ist, also bspw. schon Kinder einsam sein können. Die Prävalenz von Einsamkeit über die Lebensspanne folgt dabei einer u-förmigen Verteilung, wobei die höchsten Raten in der späten Adoleszenz und im jungen Erwachsenenalter sowie erneut im hohen Alter zu verzeichnen sind. In der Adoleszenz fühlen sich mehr als ein Fünftel der in Studien befragten Personen einsam. Im mittleren Erwachsenenalter sind die Einsamkeitsraten tendenziell niedriger. In dieser Lebensphase stabilisieren sich oft soziale Netzwerke und berufliche Verpflichtungen, was zu einer geringeren subjektiven Einsamkeit führt. Jedoch nimmt die Einsamkeit im hohen Alter wieder zu auf ca. 15–25%. Die Autor*innen beleuchteten darüber hinaus detaillierter, dass im Laufe des Lebens die individuellen sozialen Bedürfnisse einer Wandlung unterworfen sind und sich somit auch die Treiber von Einsamkeit verändern (von dem einfachen Wunsch, mit anderen zusammen zu sein, bis zur Orientierung an nur wenigen, dafür umso relevanteren Personen). So verlagert sich mit zunehmendem Alter der Schwerpunkt von der Quantität auf die Qualität der Beziehungen (ebd.). In der Adoleszenz treten die Beliebtheit unter Peers und generell ein grosses Netzwerk von Freund*innen und Bekannten als starke soziale Wünsche in den Vordergrund. Ablehnung und Ausschluss sind vor allem in der Pubertät, in der eine besondere Sensibilität für soziale Stimuli besteht, folgenreiche soziale Stressoren (Foulkes & Blakemore, 2016). Gleichermassen ist Einsamkeit bei jungen Menschen ein stark stigmatisiertes Gefühl, da sie im Widerspruch zu den normativen Erwartungen und Entwicklungsaufgaben dieser Lebensphase steht (Barreto et al., 2022). Im Übergang zum Erwachsenenalter und dann hin zum höheren und hohen Alter wird eine romantische Paarbeziehung zunehmend wichtig, und dabei auch ihre Qualität, d. h. als wie tief und vertrauensvoll sie erlebt wird. Veränderungen in unseren sozialen Beziehungen, engeren sowie weiteren, sind jedoch in allen Lebensphase relevante Treiber der Einsamkeit. Diese können auch wesentlich mit Lebensereignissen in Beziehung stehen, die unsere sozialen Netzwerke umstrukturieren, z. B. Trennungen, Jobwechsel, aber auch Elternschaft (Buecker et al., 2021).

Risiko- und Schutzfaktoren (inkl. spezifische Einflüsse im höheren Lebensalter)

Bestimmte Umbrüche sind dabei spezifischer für bestimmte Lebensphasen, wie der Auszug aus dem Elternhaus für das junge Erwachsenenalter oder der Eintritt in den Ruhestand für die (mittleren) Sechziger. Lebensereignisse, die das Einsamkeitsrisiko erhöhen und die im hohen und höheren Lebensalter mit immer höherer Wahrscheinlichkeit vorkommen bzw. sich auch kumulieren, beziehen sich auf Verluste und Trauerfälle im engeren sozialen Umfeld sowie gesundheitliche Probleme, die zu einer Reduktion der Möglichkeiten für soziale Interaktionen bzw. zu einer Verkleinerung des Netzwerks von Menschen führen, mit denen man sich verbunden fühlt und von denen man Unterstützung erfährt. Eine kürzlich durchgeführte systematische Übersichtsarbeit von Risikofaktoren für Einsamkeit bei älteren Menschen (Dahlberg et al., 2022) stellte Verwitwung, Alleinleben, schlechte Gesundheit und geringes Einkommen als Risikofaktoren hinaus. Studien, die auf Schutzfaktoren fokussierten, betonten hingegen die Teilnahme an sowie überhaupt den Zugang zu Freizeit-, Erholungs- und Kulturangeboten. Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und das allgemeine Gefühl von Verbundenheit mit anderen waren in einer kanadischen Studie die stärksten protektiven Faktoren, die Einsamkeit bei älteren Erwachsenen verringerten (Smale et al., 2022).

Die Rolle der Persönlichkeit und früherer Beziehungserfahrungen

Eine grosse Metaanalyse (Buecker et al., 2020) zeigte, dass die im Fünf-Faktorenmodell (Big Five) repräsentierten Dimensionen der Persönlichkeit substanzielle Bezüge zu Einsamkeit aufweisen: Ein höheres Mass an Extraversion und ein niedrigeres Mass an Neurotizismus waren mit geringerer Einsamkeit verbunden, während Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit einen schwächeren Zusammenhang mit Einsamkeit aufwiesen.

Auch negative Denkmuster oder dysfunktionale Vorstellungen, wie allgemeines Misstrauen oder Ablehnungserwartungen, können das Einsamkeitsrisiko grundsätzlich in jedem Alter beeinflussen. Diese Charakteristika einer Person können als Aspekte der Persönlichkeit und damit als einigermassen stabile Disposition aufgefasst werden, aber gleichermassen auch durch negative (interpersonelle) Lebensereignisse wie Vernachlässigung und Gewalt begründet bzw. verstärkt werden (de Heer et al., 2024). Kinder, die traumatische Erfahrungen machen, entwickeln häufig negative Selbstbilder und Misstrauen gegenüber anderen. Diese Tendenzen im Erleben und Verhalten können es auf Dauer erschweren, stabile und erfüllende Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten. Traumatische Bindungserfahrungen erhöhen zudem das Risiko für die Entwicklung von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen, die wiederum für sich genommen das Risiko für Einsamkeit erhöhen (Solmi et al., 2020).

Unsere frühesten interpersonellen Erfahrungen bleiben somit nachhaltig relevant. Dies ist aber natürlich auch bezogen auf positive Erfahrungen der Fall: Die Bindungstheorie, wie sie ursprünglich von Bowlby (1969) entwickelt wurde, postuliert, dass die Qualität der frühen Bindungen, insbesondere die Beziehung zwischen Kind und primärer Bezugsperson, einen massgeblichen Einfluss auf die spätere soziale und emotionale Entwicklung des Individuums hat. Das Konzept der «inneren Arbeitsmodelle» (internal working models) spielt hierbei eine zentrale Rolle (Ainsworth et al., 1978): Diese beziehen sich auf die mentalen Repräsentationen, die eine Person von sich selbst und von anderen entwickeln (z. B. inwiefern man selbst liebenswert ist und wie verlässlich und zugänglich andere sind), und fungieren als kognitive und emotionale Schemata, die sowohl die Wahrnehmung als auch die Interpretation zwischenmenschlicher Interaktionen leiten. Sie beeinflussen, wie wir Absichten und Verhaltensweisen anderer interpretieren, und bestimmen die Erwartungen, die wir an soziale Beziehungen knüpfen. Ein inneres Arbeitsmodell einer sicheren Bindung, basierend auf frühen Bindungserfahrungen, die durch Konsistenz, Verlässlichkeit und emotionale Unterstützung geprägt sind, impliziert eher positive und stabile Selbstwahrnehmungen. Damit assoziiert sind ein gesundes Selbstwertgefühl und ein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Beziehungen zu gestalten und Herausforderungen zu meistern. Personen mit sicheren Bindungserfahrungen sehen andere als zuverlässig, unterstützend und wohlwollend. Wenngleich sie in ihren Grundorientierungen relativ stabil sind, werden die inneren Arbeitsmodelle jedoch im Laufe des Lebens fortlaufend durch neuere Beziehungserfahrungen differenziert und aktualisiert. So sind sie auch im Erwachsenenalter noch veränderbar, bspw. durch korrigierende emotionale Erfahrungen mit einem emotional warmen, unterstützenden Gegenüber im Kontext von Psychotherapie (Reiner et al., 2016).

Einsamkeit als Ergebnis der Interaktion aus Person und Situation

In der empirischen Forschung zu Determinanten der Einsamkeit liegt oft das Augenmerk darauf, die relevantesten (äusseren) Faktoren zu identifizieren, die mit Einsamkeit assoziiert sind. Dabei rückt zuweilen in den Hintergrund, dass Einsamkeit als Produkt des Zusammenwirkens der Person und einer Situation definiert ist, wozu auch gehört, dass vergleichbare Situationen (z. B. Lebensereignisse) für unterschiedliche Menschen stark divergierende Einsamkeitsrisiken implizieren können – je nachdem, auf was für eine Ausgangssituation sie treffen, welche Ressourcen die Person hat, um mit ihr umzugehen, mögliche bestehende Vulnerabilitäten oder Stärken, usw. Bspw. zeigte ein systematisches Review mit Metaanalyse (Ernst et al., 2022), dass die Einsamkeitsanstiege während der Pandemie sehr heterogen waren, was bedeutet, dass durch diese globale Krise nicht alle Menschen gleichermassen einsamer geworden sind. Tatsächlich deuten Studien darauf hin, dass ältere Menschen während der Pandemie vergleichsweise resilient gegenüber Einsamkeit waren. So fand eine grosse Untersuchung aus den USA trotz einer deutlichen Zunahme sozialer Isolation bei Erwachsenen über 50 Jahren in den USA während der COVID-19-Pandemie keine signifikante Veränderung subjektiv empfundener Einsamkeit (Peng & Roth, 2022), während Befragungen von Studierenden sehr grosse Zunahmen berichteten (Werner et al., 2021). Neben der Möglichkeit der Aufrechterhaltung digitaler sozialer Kontakte und weiteren Einflussfaktoren, die bei jüngeren und älteren Menschen gleichermassen präsent sind, könnten hier also auch spezifische, mit dem vergleichsweise höheren Alter assoziierte Stärken eine Rolle spielen.

Psychische und soziale Stärken älterer Menschen

Die vielfach (oft auch implizit) vermittelte Auffassung von Alter(n) als – primär – Lebensphase der Verluste spiegelt sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Ängste und Realitäten wider. Gleichwohl nimmt die moderne Alter(n)sforschung keine rein defizitorientierte Perspektive mehr ein (Beyer et al., 2017). Leitend ist vielmehr die Vorstellung eines lebenslangen Entwicklungs- und Anpassungsprozesses mit Gewinnen und Verlusten; deren Gleichgewicht sich zwischen Lebensphasen dennoch unterscheidet. In Studien wurden zentrale Stärken wie Resilienz, Dankbarkeit, Optimismus, Selbstwirksamkeit, Leichtigkeit und Zufriedenheit, Weisheit und Lebenssinn (Kirkby-Geddes & Macaskill, 2016; Ryff et al., 2012; Waterworth et al., 2020) sowie die besondere Relevanz sozialer Eingebundenheit und starker, vertrauensvoller Beziehungen betont (Rook & Charles, 2017). Ältere Erwachsene geben häufig an, mit ihren sozialen Netzwerken zufriedener zu sein als jüngere Erwachsene. Ein Grund für diesen Unterschied wird darin vermutet, wie ältere Menschen ihre sozialen Netzwerke aufbauen, in dem Sinne, dass sie ihre Zeit und Energie vor allem in ihre engsten und lohnendsten sozialen Bindungen investieren, aber Zufallsbekanntschaften und andere periphere soziale Bindungen eher verringern bzw. weniger pflegen (Wrzus et al., 2013). Sie erleben auch weniger Konflikte mit ihren engen sozialen Partner*innen und bewerten diese Auseinandersetzungen weniger negativ als jüngere Erwachsene (z. B. Luong et al., 2011).

Soziale Erwartungen im höheren und hohen Lebensalter

Soziale Erwartungen spielen eine zentrale Rolle für das Erleben von Einsamkeit. Wie anfangs beschrieben, sind die individuell unterschiedlichen Vorstellungen bzw. Wünsche das Kriterium, mit dem die tatsächlich vorhandenen Beziehungen verglichen werden; sodass Einsamkeit entsteht, wenn Letztere hinter Ersteren zurückbleiben. Die Erwartungen an soziale Beziehungen werden durch persönliche (z. B. altersbezogene Motive und Bewältigungsstrategien), soziale, kulturelle und historische Kontexte geprägt. Kulturelle Erwartungen in Bezug auf generationenübergreifende Betreuungsaufgaben und Versorgung, Vorstellungen vom Ruhestand und adäquaten Wohnumgebungen können die Erwartungen älterer Menschen an ihre sozialen Beziehungen mit beeinflussen.

Neuere theoretische Modelle haben die spezifischen Erwartungen älterer Menschen an ihre Beziehungen umrissen, deren Betrachtung wesentlich zur Erklärung von Einsamkeit in dieser Altersgruppe beitragen kann. Das «Social Relationship Expectations (SRE)»-Rahmenmodell von Akhter-Khan et al. (2023) beschreibt sechs soziale Erwartungen: Ältere Erwachsene erwarten, dass soziale Kontakte in ihrer Nähe sind. Dies umfasst die Anzahl der sozialen Kontakte, deren räumliche Nähe, ihre Verfügbarkeit und die Häufigkeit der Interaktionen. Zudem ist es wichtig, sich auf andere verlassen können und Unterstützung zu erhalten, sowohl hinsichtlich emotionaler Entlastung als auch praktischer Hilfen. Ältere Menschen wünschen sich enge, vertraute Beziehungen, in denen sie sich verstanden und gehört fühlen (Intimität). Diese Erwartung bezieht sich vor allem auf die emotionale Dimension von Einsamkeit und unterstreicht das Bedürfnis nach tiefgehenden und bedeutungsvollen zwischenmenschlichen Verbindungen. Das Teilen von Interessen und das Erleben von angenehmen Aktivitäten (Spass) sind wichtige Aspekte, die ältere Erwachsene in ihren sozialen Beziehungen suchen. Solche positiven Erfahrungen tragen zur Lebensfreude und zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Im Sinne der Generativität haben ältere Erwachsene das Bedürfnis, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten und bedeutungsvolle Aufgaben zu übernehmen. Diese Erwartung reflektiert den Wunsch, nützlich zu sein und ein Vermächtnis zu hinterlassen. Letztlich ist auch unverzichtbar, dass ältere Erwachsene sich wertgeschätzt und aktiv einbezogen fühlen. Respekt und Anerkennung sind entscheidende Faktoren, die das Selbstwertgefühl und die soziale Integration fördern.

Vor diesem Hintergrund muss auch reflektiert werden, inwiefern bestimmte gesellschaftliche Haltungen, wie die fehlende Solidarität mit schwächeren oder in gewisser Form bedürftigen Menschen, sowie Altersdiskriminierung mit diesen Erwartungen konfligieren. Ältere Menschen könnten im Sinne einer Pseudo-Autarkie dringend benötigte (emotional-soziale oder auch auf die Bewältigung des Alltags bezogene) Unterstützung ausschlagen, um die Überzeugung zu stärken, weiterhin ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein, das einen Beitrag leistet, statt sich auf andere stützen zu müssen. Ein solches Verhalten stabilisiert ein Selbstbild, das mit dem Erleben Respekt und Würde assoziiert ist (Clancy et al., 2021).

Genereller sind Altersbilder mentale Repräsentationen und gesellschaftliche Vorstellungen über das Alter(n). Sie beinhalten sowohl positive als auch negative Stereotype und Erwartungen, die gestalten, wie Menschen das Alter und ältere Menschen wahrnehmen und bewerten. Altersbilder können sowohl auf individueller (d. h. wie eine Person das eigene Alter[n] wahrnimmt) als auch auf gesellschaftlicher Ebene (d. h. wie eine Gesellschaft das Alter und ältere Menschen im Allgemeinen betrachtet) existieren. Die unmittelbare Relevanz von Altersbildern für das Erleben von Einsamkeit zeigte sich bspw. auf Basis der Analyse einer grossen, repräsentativen Längsschnitterhebung der deutschen Bevölkerung im Alter von 40 bis 85 Jahren (Huxhold & Henning, 2023). Die Studie zeigte geringe Altersunterschiede im Risiko, einsam zu werden, aber signifikante Altersunterschiede im Risiko, einsam zu bleiben. Einsame ältere Erwachsene (über 75 Jahre) hatten im Vergleich zu einsamen Erwachsenen mittleren Alters ein höheres Risiko, nach drei Jahren immer noch einsam zu sein. Die Kontrolle für Unterschiede zwischen Proband*innen in Bezug auf Gesundheit, soziale Aktivitäten, und Wahrnehmung des Alter(n)s als sozialer Verlust erklärten diesen Altersunterschied.

Perspektiven für die Psychotherapie mit älteren Menschen

Erwartungen bzw. das Selbstbild sind auch zentrale Themen in der Psychotherapie. In diesem Kontext könnten individuelle Alterswahrnehmungen sowie deren Zustandekommen explizit adressiert und hinterfragt werden. So könnten positive Altersbilder gefördert und negative Stereotype abgebaut werden, auch, um die Selbstwirksamkeit und das Wohlbefinden älterer Patient*innen zu steigern. Eine kleine Studie aus den USA demonstrierte, dass die Erwartungen an das Altern die Wirksamkeit einer generativen Intervention zur Behandlung von Einsamkeit bei älteren Erwachsenen beeinflussten – die Intervention war erfolgreicher bei älteren Erwachsenen, die positivere Erwartungen an das Altern hatten (Moieni et al., 2021). Auch die Erwartungen an sich wären in diesem Sinne ein Ansatzpunkt für psychotherapeutische Interventionen. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass (bspw. kognitiv-verhaltenstherapeutische) Programme, die auf maladaptive soziale Kognition abzielen, bisher die erfolgreichste Art von Intervention zur Verringerung der Einsamkeit sind, obwohl die Effektstärken im kleinen bis mittleren Bereich liegen (Masi et al., 2011).

Aus psychodynamischer Sicht würden therapeutische Ansätze ebenfalls unrealistische Annahmen fokussieren bzw. die Beziehungsgestaltung, die aus ihnen erwächst, wobei diese sowohl vor dem Hintergrund früherer Beziehungserfahrungen als auch (zum Teil) unbewusster Konflikte und genereller im Lichte basaler psychischer Kapazitäten (Struktur) verstanden werden: Im psychodynamischen Sinne bezieht sich das Strukturniveau (Arbeitskreis OPD, 2024) auf die Komplexität und Reife der inneren psychischen Organisation eines Individuums. Es umfasst die Fähigkeit, stabile und kohärente Selbst- und Objektrepräsentationen aufrechtzuerhalten, Affekte zu regulieren, Impulse zu kontrollieren sowie zwischenmenschliche Beziehungen und die Realität adäquat zu gestalten und wahrzunehmen. Ein hohes Strukturniveau ist gekennzeichnet durch eine differenzierte und flexible innere Welt, während ein niedriges Strukturniveau durch primitive Abwehrmechanismen, diffuse Identität und Schwierigkeiten in der Affektregulation und Beziehungsfähigkeit geprägt ist. Eine besser integrierte psychische Struktur kann einen wichtigen Resilienzfaktor darstellen, wenn kritische Lebensereignisse im höheren und hohen Lebensalter die Anpassungsfähigkeit und psychische Stabilität bzw. Flexibilität einer Person herausfordern. Menschen mit strukturellen Defiziten haben dabei über die gesamte Lebensspanne hinweg eher Schwierigkeiten, stabile und positive innere Repräsentationen von sich selbst und anderen zu entwickeln, was Einsamkeit begünstigt (Ernst & Beutel, 2022; Ernst et al., 2023).

Konflikte wiederum beziehen sich auf wiederkehrende, innerpsychische Spannungen und Widersprüche, die aus unbewussten oder bewussten Bedürfnissen, Wünschen und Ängsten resultieren. Diese Konflikte manifestieren sich oft in maladaptiven Verhaltensmustern und psychischen Symptomen und beeinflussen das Erleben und Verhalten einer Person in verschiedenen Lebensbereichen, einschliesslich sozialer Beziehungen und Selbstwahrnehmung. Diese Kontextualisierung erlaubt auch eine Untersuchung der Funktion der Einsamkeit (z. B. im Sinne einer psychischen Stabilisierung). Aus einer psychodynamischen theoretischen Orientierung würde Einsamkeit schliesslich nicht nur als ein gegenwärtiger Zustand betrachtet, sondern als Ergebnis einer lebenslangen Entwicklung, die durch frühe Bindungserfahrungen (s. o.) und deren Internalisierung geformt wird.

Ein psychodynamisches Verständnis der Einsamkeit einer einzelnen Person würde sich sowohl auf das Strukturniveau und den/die Hauptkonflikt/e beziehen. Beispielhaft formuliert die Operationalisierte Psychodynamischen Diagnostik (Arbeitskreis OPD, 2024) einen zentralen Grundkonflikt zwischen Autarkie und Versorgung. Dieser beschreibt das Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem Wunsch nach Geborgenheit und Zuwendung. Im Alter wird dieser Konflikt besonders relevant, da die Notwendigkeit nach Hilfe und Unterstützung zunimmt, während das Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Autonomie stark bleiben kann. Das Strukturniveau spielt nun eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Konflikte. Ein hohes Strukturniveau ermöglicht es, diese Spannungen besser zu integrieren und flexible Lösungen zu finden, während ein niedriges Strukturniveau dazu führen kann, dass die betroffenen Personen entweder in übermässiger Abhängigkeit verharren oder aus Angst vor Abhängigkeit vollständige soziale Isolation suchen.

Durch die Arbeit an inneren Objektbeziehungen und unbewussten Konflikten, die Einsamkeit zugrunde liegen, sowie am Aufbau/an der Nachreifung psychischer Strukturen können psychodynamische Therapien die Fähigkeit zur Selbstberuhigung (Winnicott, 1958) und zur Entwicklung tiefer, bedeutungsvoller Beziehungen fördern. Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse in der therapeutischen Beziehung bieten die Möglichkeit, schmerzliche Gefühle von Einsamkeit durchzuarbeiten und zu integrieren. Dies kann eine verbesserten Beziehungsfähigkeit und ein erfüllenderes soziales Leben ermöglichen.

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Development, risk factors and protective mechanisms of loneliness

Across the lifespan and in late and old adulthood

Abstract: Loneliness represents a substantial health risk and as such is currently the focus of empirical studies. Loneliness research often focuses on older age, as specific risk factors are particularly pronounced in this phase of life. At the same time, loneliness is not universal, nor is it exclusively a problem of old age; rather, people can be affected by loneliness at all stages of life, with an initial peak in young adulthood. Scientifically, loneliness is defined as a negative emotional experience. This perception is dependent on both individual personality traits and situational life circumstances. Changes in social needs and relationships over the course of life, critical life events, positive/negative perceptions of age(ing) and perspectives on older people as well as the individual’s developmental history, including internalized relationship experiences, help to contextualize this feeling over the lifespan. Apart from the socio-structural level, loneliness can also be a focus in psychotherapy; and psychotherapeutic interventions can focus on various of the aspects mentioned in order to alleviate loneliness and strengthen those affected. This includes, for example, dealing with conflicting desires (e. g. for self-sufficiency and care) against the background of age-related losses and strengthening the psychological and social resources of older people.

Keywords: loneliness, age, risk factors, protective factors, personality, attachment, psychodynamics

Sviluppo, fattori di rischio e meccanismi di tutela dalla solitudine

Nel corso della vita e in età adulta e avanzata

Riassunto: La solitudine rappresenta un rischio sostanziale per la salute e in quanto tale è attualmente al centro di studi empirici. Le ricerche che si concentrano sul tema della solitudine prendono spesso in esame una fascia di età avanzata, dal momento che, in questa fase della vita, sono riscontrabili alcuni fattori specifici di rischio particolarmente marcati. Allo stesso tempo va sottolineato che la solitudine non è un fattore universale, né un problema che riguarda esclusivamente gli anziani: infatti, può colpire persone di tutte le fascie di età, con un picco iniziale nella giovane età adulta. A livello scientifico, la solitudine è definita come una sensazione emotiva negativa. Questa sensazione è legata sia a tratti individuali della personalità sia a circostanze situazionali. Nel corso della vita questo sentimento può presentare diversi contesti ed essere influenzato da cambiamenti relativi al bisogno di interazioni sociali e dalle relazioni, eventi critici, percezioni positive/negative dell’età o modi di vedere le persone anziane, nonché dalla storia dello sviluppo del singolo, comprese le esperienze relazionali interiorizzate. A prescindere dal livello socio-strutturale, la solitudine può essere oggetto di attenzione anche in psicoterapia; gli interventi psicoterapeutici possono concentrarsi su diversi aspetti tra quelli sopra citati per alleviarne l’intensità e supportare le persone colpite. Vi rientrano, ad esempio, la gestione di desideri contrastanti (ad es. autosufficienza e assistenza) nel contesto di eventuali perdite di persone a causa dell’avanzare dell’età e il rafforzamento delle risorse psico-sociali degli anziani.

Parole chiave: solitudine, età, fattori di rischio, fattori protettivi, personalità, legame, psicodinamica

Biografische Notiz

Dr. Mareike Ernst ist Tenure-Track-Professorin für psychodynamisch-orientierte Psychotherapieforschung am Institut für Psychologie der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und Gastwissenschaftlerin am Suicidal Behaviour Research Laboratory der Universität Glasgow. Neben der Psychotherapieforschung bzw. im Zusammenhang mit dieser liegen ihre Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Einsamkeit, Suizidalität, und Psychoonkologie.

Kontakt

Dr. Mareike Ernst
Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Psychoanalyse
Institut für Psychologie Alpen-Adria Universität
A-9020 Klagenfurt am Wörthersee
mareike.ernst@aau.at