Das Smartphone als Medium in der Psychotherapie

Anwendung und Nutzen anhand transdiagnostischer Faktoren

Severina Caplazi

Psychotherapie-Wissenschaft 13 (1) 2023 73–72

www.psychotherapie-wissenschaft.info

CC BY-NC-ND

https://doi.org/10.30820/1664-9583-2023-1-73

Zusammenfassung: Mit wenigen Ausnahmen von Kindern und Hochalten besitzen fast alle Menschen ein Smartphone oder ähnliche Geräte. Somit ist der Zugang zu Onlinetherapien für immer mehr Menschen zugänglich. Digitale Interventionen, die transdiagnostisch genutzt werden können, zeigen gegenüber störungsspezifischen Interventionen Vorteile, z. B. reduzierte Kosten und breitere Anwendungsmöglichkeiten. Die hier besprochene Literaturübersicht beschäftigt sich mit transdiagnostischen Smartphone-Interventionen und geht der Fragestellung nach, welche transdiagnostischen Faktoren man in bisherigen smartphonebasierten, störungsübergreifenden Ecological Momentary Interventionen (EMI) identifizieren kann. Zur Beantwortung wurden die wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, APA PsycArticles, APA PsycInfo und PSYNDEX mit denselben Schlagwörtern und dem Filter «Academic Journals» durchsucht. Schlussendlich wurden 13 Artikel zur Beantwortung der Fragestellung herangezogen. Darin konnten folgende transdiagnostische Faktoren identifiziert werden: Emotionsregulation, wiederholt negatives Denken, Interpretationsbias, metakognitives Denken, Stressreduktion/Coping und Selbstmanagement. So gibt diese Literaturarbeit einen Überblick über transdiagnostische Faktoren, die in bisherigen smartphonebasierten, störungsübergreifenden EMIs identifiziert werden konnten. Sie ist insofern limitiert, als dass es sich um eine selektierte Auswahl von Studien handelt. Zusätzlich sind 8 der 13 inkludierten Studien Pilotstudien und nur 3 randomisiert-kontrollierte Studien wurden eingeschlossen.

Schlüsselwörter: Ecological Momentary Intervention (EMI), Smartphone, transdiagnostische Herangehensweise, mobile Applikationen, klinische Psychologie

Seit mehr als 100 Jahren dominiert in der westlichen Welt die kategoriale Einteilung von Störungen in ein formelles taxonomisches System. Anhand wissenschaftlich fundierter Unterschiede zwischen verschiedenen Symptomkombinationen werden psychische Erkrankungen mithilfe von Diagnosemanualen in Störungen eingeteilt (Clark et al., 2017). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) und International Classifications of Disease (ICD) sind zwei in der Psychologie etablierte Diagnosemanuale, die weltweit zur Behandlung von Störungen herangezogen werden und einen starken Einfluss darauf haben, wie mit mentaler Gesundheit umgegangen wird (Dalgeish et al., 2020). Der Nutzen der psychiatrischen Klassifikation anhand kategorialer Diagnosen nach ICD und DSM ist jedoch infrage gestellt (Fusar-Poli et al., 2019).

Eine vielversprechende Alternative bildet die transdiagnostische Herangehensweise. Diese durchquert vorhandene kategoriale Diagnosen und geht über jene hinaus, indem sie zugrundeliegende Faktoren von verschiedenen psychischen Störungen identifiziert und diese in Therapien gezielt moduliert. Ihr Ursprung stammt aus Theorien der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und Therapien für Essstörungen, wobei eine Erweiterung für Angststörungen und Depressionen später dazukam. Ausschlaggebend für die Entwicklung der transdiagnostischen Herangehensweise waren zwei Hauptpunkte. Erstens: Unterschiedliche Essstörungen teilen ätiologische und Aufrechterhaltungsprozesse sowie kognitiv-affektive, interpersonelle und verhaltensbasierte Merkmale. Zweitens: Die stetig steigende Zahl diagnosespezifischer Behandlungsmanuale in der KVT ist eine Barriere für deren erfolgreiche Umsetzung. Für die Erweiterung auf Angststörungen und Depression wurde noch ein weiterer Grund genannt: Diagnosespezifische Interventionen basieren auf heterogenen diagnostischen Kategorien und beachten selten Komorbiditäten, die jedoch häufig auftreten. Transdiagnostische Forschung versucht diese Limitationen anzugehen und eine neue Herangehensweise an die Klassifizierung, Benennung, Behandlung und Prävention von psychischen Störungen zu geben (ebd.).

Eine weitere innovative Entwicklung sind Technologien, die zur Behandlung von Personen mit psychischen Störungen genutzt werden können. Darunter fallen verschiedene therapeutische Alternativen, wie zum Beispiel Interventionen über das Internet, Virtual Reality-Therapien und Spiele, die Kompetenzen und Inhalte vermitteln können. Diese werden unter dem Begriff eHealth zusammengefasst. Eine Unterart von eHealth, genannt Ecological Momentary Intervention (EMI), beinhaltet Interventionen, die mit mobilen Geräten durchgeführt werden und somit über das klassische Therapiesetting hinaus in den Alltag der Patient*innen integriert werden können (Myin-Germeys et al., 2016). EMIs haben bisher Vorteile in der Zugänglichkeit gezeigt, jedoch sind auch Probleme im Bereich der Informationsqualität und der wissenschaftlichen Fundierung festzustellen (Christensen & Griffiths, 2000). Nichtsdestotrotz scheinen smartphonebasierte Interventionen als vielversprechende Methode zur Prävention und Intervention von psychischen Störungen geeignet zu sein; dies aufgrund der erleichterten Zugänglichkeit und teils hohen Akzeptanz vonseiten der Patient*innen (Beard et al., 2019).

Aufgrund der zunehmenden Wichtigkeit von transdiagnostischen Herangehensweisen und der vielversprechenden Nützlichkeit von EMIs via Smartphone beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage, welche transdiagnostischen Faktoren man in bisherigen smartphonebasierten, störungsübergreifenden EMIs identifizieren kann, und gibt einen Überblick über identifizierte Faktoren.

Transdiagnostische Herangehensweise

Der Begriff «transdiagnostisch» bedeutet störungsübergreifend (Fehlinger et al., 2013). Ein transdiagnostischer Faktor ist demnach ein Faktor, der bei mehreren psychischen Störungen, folglich mindestens mehr als einer, relevant ist. Dies bedeutet, dass es Faktoren gibt, die für die Entstehung und Aufrechterhaltung verschiedener psychischer Störungen verantwortlich sind. Ein Beispiel dafür könnte die Überbewertung von Figur und Gewicht sein, die bei Anorexia Nervosa, Bulimie und Essstörungen an der Aufrechterhaltung der Symptome beteiligt ist (Sauer-Zavala et al., 2017).

Ein Beispiel für eine transdiagnostische Behandlung von affektiven Störungen ist das Unified Protocol (UP). Dieses wurde als Alternative zu den störungsspezifischen Behandlungen in der KVT konzipiert. Es sollte kosteneffizienter und auch für Komorbiditäten geeignet sein. Weiterhin zeigte die Metaanalyse von Pearl und Norton (2017) positive Ergebnisse bei verschiedenen affektiven Störungen, die mit dem UP therapiert wurden. Das UP benutzt verschiedene Prinzipien der KVT und integriert diese mit evidenzbasierten psychologischen Behandlungstechniken, wie zum Beispiel kognitiver Umstrukturierung. Das Ziel dieser Behandlung ist die Identifikation transdiagnostischer Faktoren, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung beteiligt sind. In einem anschliessenden Schritt werden dieselben moduliert. Im UP werden drei transdiagnostische Faktoren genannt, die bei der Reduktion von Symptomen als Mediatoren wirken können. Einer dieser Faktoren ist die Emotionsregulation. Ergebnisse der RCT von Khakpoor et al. (2019) haben gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen maladaptiven Emotionsregulationsstrategien (z. B. Unterdrückung von Emotionen) und verschiedenen psychischen Störungen gibt, wie bspw. Angststörungen, Essstörungen und Depression. Weiterhin können negative Erwartungen in mehrdeutigen Situationen und die Angst vor diesen (Avoidance of Uncertainty) als transdiagnostische Faktor genannt werden, der bei Angststörungen und Depressionen beteiligt ist. Der letzte der drei Faktoren, der bei mehreren Störungen beteiligt ist, nennt sich Experiental Avoidance. Dieser ist gekennzeichnet durch das Vermeiden von persönlichen, unangenehmen Erfahrungen bzw. durch die Vermeidung von Situationen, die entsprechende Erinnerungen hervorrufen könnten (ebd.).

Eine Metaanalyse von Sakiris und Berle (2019) fand, dass eine transdiagnostische Intervention anhand des UP für Affektstörungen zu Reduktionen in folgenden Bereichen geführt hat: Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen, Panikstörungen (mit und ohne Agoraphobie), soziale Angststörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörung und Symptomen von Angst. Zusätzlich gibt es Hinweise auf einen stärkeren Nutzen von adaptiven Emotionsregulationsstrategien (z. B. akzeptieren von negativen Situationen) und auf einen verminderten Nutzen von maladaptiven Emotionsregulationsstrategien (ebd.).

Ecological Momentary Intervention via Smartphone

Psychologische Interventionen, die mithilfe eines elektronischen oder digitalen Geräts, zum Beispiel eines Computers, in Echtzeit und im Alltag vermittelt werden, heissen Ecological Momentary Interventionen (EMI). Aufgrund ihrer einfachen Verfügbarkeit und teils grossen Akzeptanz unter Nutzer*innen eignen sich Smartphones, um solche Interventionen anzubieten. Ein weiterer Vorteil von smartphonebasierten EMIs kann sein, dass Personen, die – aufgrund von Stigma – normalerweise keine Hilfe aufsuchen würden, auf diese Weise vereinfacht Hilfe bekommen können (Parmar & Sharma, 2017).

Eine grossangelegte Studie von Beard et al. (2021) konnte zeigen, dass in einer transdiagnostischen Stichprobe von 322 Patient*innen 238 von 322 (74 %) bereit waren, eine Smartphone-App zur Überwachung ihrer mentalen Gesundheit zu verwenden, und bei 262 von 322 (82 %) bestand der Wille, eine solche App für eine Intervention zu benutzen. Auch wurde zuvor gefunden, dass smartphonebasierte EMIs bei Personen mit einer Alkoholkonsumstörung zu signifikant weniger Alkoholkonsum im Vergleich zu Kontrollgruppen ohne Intervention führten (Parmar & Sharma, 2017). Weiter konnten in EMIs schon positive Ergebnisse erzielt werden, bspw. bei Gewichtsverlust, Reduktion von Angst, Reduktion des Zigarettenkonsums und Steigerung der körperlichen Aktivität (Pennou et al., 2019). Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten, dass nicht-signifikante Ergebnisse oftmals nicht publiziert werden, wodurch es sich um einen Publication Bias handeln könnte.

Fragestellung, Methodik, Ergebnisse

Zur Beantwortung der Frage, welche transdiagnostischen Faktoren man in bisherigen smartphonebasierten, störungsübergreifenden EMIs identifizieren kann, wurden vier wissenschaftliche Datenbanken, PubMed, APA PsycArticles, APA PsycInfo und PSYNDEX, mit denselben Schlagwörtern und dem Filter «Academic Journals» durchsucht. Daraus ergaben sich 47 Artikel, von denen 34 ausgeschlossen und schlussendlich 13 zur Beantwortung der Fragestellung verwendet wurden. Hierbei sollte beachtet werden, dass es sich um selektierte Artikel handelt, wobei es wahrscheinlich mehr Artikel zu diesem Thema gibt, die jedoch aufgrund der Schlagwörter nicht identifiziert wurden. Um in die Untersuchung einzufliessen, mussten die Interventionen für eine transdiagnostische Zielgruppe geeignet sein, was bedeutet, dass die Intervention für mehr als eine Störung geeignet sein musste. Zu den Ausschlusskriterien gehörten Studienprotokolle, da diese keine Auskunft über die Qualität der geplanten Interventionen liefern konnten.

Die 13 ausgewählten Artikel setzen sich zusammen aus einem Literaturreview (Pennou et al., 2019), drei RCTs (Christoforou et al., 2017; Heckendorf et al., 2019; Stallman, 2019), einer Microintervention (Meinlschmidt et al., 2016) und acht Pilotstudien (Beard et al., 2021; Carey et al., 2016; Carmona et al., 2021; Fleming et al., 2017; Hilt & Swords, 2021; Rauschenberg et al., 2021; Webb et al., 2021; Weisel et al., 2020). Die Stichprobengrössen reichten von 9 bis 260 Personen, mit einem Durchschnitt von 65.41 Personen pro Studie. Das Veröffentlichungsjahr der Artikel umfasst die Jahre 2016 bis 2021. 6 der 13 Studien beziehen sich auf nicht-klinische Stichproben und 7 auf Proband*innen mit klinisch relevanten Störungen. Bei letzteren weisen die Personen folgende psychische Symptome und Störungen auf: psychotische Symptome, Angstsymptome, depressive Symptome, Schlafstörungen, Grübeln, Depression, Bipolar-Störung, Angststörung, Posttraumatische Belastungsstörung, Psychose, Persönlichkeitsstörungen und Agoraphobie. Für eine Übersicht zu den Artikeln siehe Tabelle 1.

Studie

SP-Grösse

Zielpopulation

Studiendesign

Transdiagn. Faktor

Interventionsart

Beard et al. (2021)

14

Personen mit mind. moderaten Symptomen im health Questionnaire in einer Klinik (19–65 J; M=35 J, SD=15.4 J)

Pilotstudie zur Durchführbarkeit, Akzeptanz und Teilnahme

Interpretationsbias

Transdiagn. EMI während des Klinikaufenthalts und nach der Entlassung + Klinikprogramm, 4 Wochen

Carey et al. (2016)

23

Studierende der University of Manchester (>18 J)

Pilotstudie zur Nützlichkeit und Akzeptanz

Metakognitives Denken

Zwei Wochen transdiagn. EMI + Interview

Carmona et al. (2021)

51

Jugendliche und junge Erwachsene mit selbstberichteter Schlafunzufriedenheit (15–24 J)

Pilotstudie zur Durchführbarkeit und Akzeptanz

Selbstmanagement

4 Wochen transdiagn. EMI

Christoforou et al. (2017)

142

Personen mit selbstberichteter Agoraphobie (M=38.7 J; SD=11.3 J)

RCT zum Vergleich von störungsspezifischer mit transdiagnostischer EMI

Stressreduktion

12 Wochen transdiagn. EMI + Interview

Fleming et al. (2017)

9

Junge Männer aus sexuellen Minderheiten mit mind. mittleren Depressions- oder Angstwerten (18–20 J; M=19 J; SD=0.71 J)

Pilotstudie zur Nützlichkeit

Emotionsregulation und kognitive Umstrukturierung

10 Wochen transdiagn. EMI

Heckendorf et al. (2019)

260

Leser*innen der Zeitschrift Der Siegel (M=42.2 J; SD=10.9 J)

RCT zum Vergleich der EMI-Interventionsgruppe mit einer Warteliste-Kontrollgruppe

Wiederholt negatives Denken/Resilienz

5 Wochen transdiagn. EMI + Onlinetraining + Kontakt mit eCoach*in

Hilt & Swords (2021)

72

Jugendliche mit mittlerem bis hohem Grübeln (12–15 J; M=14.01 J; SD=0.99 J)

Pilotstudie zur Akzeptanz und zu ersten Effekten

Wiederholt negatives Denken/Achtsamkeit

3 Wochen transdiagn. EMI

Meinlschmidt et al. (2016)

27

Männl. Studenten der Kora University, (19–28 J; M=24.32 J; SD=2.27 J)

Microintervention

Emotionsregulation

Vor der Intervention erlernen von Emotionsregulationstechniken + transdiagn. EMI, 13 Tage

Pennou et al. (2019)

-

Fokus auf Personen mit Psychosen und Komorbiden Störungen

Literatur Review

Emotionsregulation

Rauschenberg et al. (2021)

10

Hilfesuchende Jugendliche mit psychotischen, depressiven oder ängstlichen Symptomen (14–25 J; M=20.3 J; SD=3.8 J)

Pilotstudie zur Durchführbarkeit, Akzeptanz und zu ersten therapeutischen Effekten

Emotionsregulation

3 Wochen transdiagn. EMI + 3 Face-to-Face-Sitzungen + übliche Therapie

Stallman (2019)

56

Studierende mit selbstberichtetem erhöhten Stresslevel (18–56 J; M=29.79 J; SD=11.05 J)

RCT zur Effektivität einer EMI

Coping

1 Monat transdiagn. EMI

Webb et al. (2021)

72

Jugendliche mit mittlerem bis hohem Grübeln (12–15 J; M=14.01 J; SD=0.99 J)

Pilotstudie zur Erfassung von Charakteristika, die den Therapieerfolg vorhersagen

Wiederholt negatives Denken/Achtsamkeit

3 Wochen transdiagn. EMI

Weisel et al. (2020)

49

Erwachsene mit Angststörungen (Alter: 22–68 J; M=49 J; SD=12.9 J)

Pilotstudie zur Erfahrung der Nutzer*innen und zu Effekten

Psychoedukation, Methoden zur Reduzierung von persönlicher Inkongruenz bzgl. persönlichen Werten, Bedarf und Verhalten

7 Sitzungen transdiagn. EMI

SP: Stichprobe, J: Jahre, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung, RCT: randomisiert-kontrollierte Studie, EMI: Ecological Momentary Intervention

Tab. 1: Übersicht zu bisherigen smartphonebasierten, störungsübergreifenden Ecological Momentary Interventionen

Die transdiagnostischen Faktoren der Interventionen lassen sich in folgende Kategorien einteilen: Emotionsregulation (Fleming et al., 2017; Meinlschmidt et al., 2016; Pennou et al., 2019; Rauschenberg et al., 2021), Selbstmanagement (Carmona et al., 2021), wiederholt negatives Denken (Heckendorf et al., 2019; Hilt & Swords, 2021; Webb et al., 2021), Interpretationsbias (Beard et al., 2021), metakognitives Denken (Carey et al., 2016), Stressmanagement/Coping (Christoforou et al., 2017; Stallman, 2019) und eine Kategorie mit verschiedenen Faktoren (Weisel et al., 2020). Mehr als die Hälfte der inkludierten Studien (7 von 13) fokussierten auf die Emotionsregulation oder auf wiederholt negatives Denken.

Emotionsregulation

Meinlschmidt et al. (2016) führten eine 13-tägige smartphonebasierte Microintervention mit 27 männlichen Studenten durch. Vor der Intervention erlernten die Teilnehmer vier transdiagnostische psychotherapeutische Techniken: viscerosensory attention, emotional imagery, facial expression und contemplative repetition. Nach der Intervention zeigten sie bessere Stimmung, waren wacher und ruhiger. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine kurzzeitige Smartphone-Microintervention von 13 Tagen gute Ergebnisse bzgl. Stimmungsverbesserung hervorrufen kann.

Fleming et al. (2017) haben die Wirkung einer Smartphone-App gegen Angst und Depression bei neun homosexuellen Männern untersucht. Die App bestand aus täglichen Lehreinheiten zu den Konzepten von KVT (z. B. Probleme lösen oder kognitive Umstrukturierung). Zum Schluss der Intervention konnte man ein Feedback bzgl. Nutzerfreundlichkeit hinterlassen. Alle Teilnehmer äusserten sich enthusiastisch bzgl. der Nutzung der App. In manchen Bereichen wurde Optimierungspotenzial genannt. Diese Studie zeigt, dass es wichtig ist, zuerst Nutzerfreundlichkeit und Akzeptanz von transdiagnostischen Smartphone-EMIs zu testen.

Ein Literaturreview von Pennou et al. (2019) hat systematisch acht Studien zusammengetragen, bei denen in EMIs der transdiagnostische Faktor «Emotionsregulation» gefördert wurde. Die Teilnehmenden bestanden aus Personen mit Psychosen, Doppeldiagnosen und häufigen Komorbiditäten (z. B. Substanzkonsumstörungen). Von den EMIs zur Verbesserung der Emotionsregulation konnte bei drei Interventionsstudien eine Verminderung des Angstniveaus beobachtet und bei vier konnte eine Abnahme der depressiven Symptome festgestellt werden. Diese Ergebnisse sind laut den Autor*innen insofern bedeutend, als dass es sich um Symptome handelt, die zu einem Rückfall führen könnten. Alle beinhalteten unter anderem die Verbesserung der Emotionsregulation. Die Autor*innen berichten ebenfalls, dass es sich bei vielen Studien um Pilotstudien handelte.

Bei der Intervention von Rauschenberg et al. (2021) handelte es sich um eine unkontrollierte Pilotstudie, bei der zehn hilfesuchende Jugendliche mit psychotischen, depressiven oder ängstlichen Symptomen eine dreiwöchige EMI via Smartphone-App sowie drei Face-to-Face-Sitzungen bei einer Psychotherapeutin, einem Psychotherapeuten absolvierten. Die App und die Sitzungen vermittelten eine transdiagnostische «compassion-focused intervention (CFI)», die auf eine Veränderung der Emotionsregulationssysteme abzielte. Das Ziel der Intervention war, emotionale Resilienz zu stärken und vermeintliche Risikomechanismen sowie Stresssensitivität im alltäglichen Leben der Jugendlichen zu senken. Acht von zehn Teilnehmenden waren zufrieden und berichteten, dass es für sie keine Last war, an der Intervention teilzunehmen. Weiterhin wiesen die Teilnehmenden nach der Intervention eine Reduktion der Stresssensitivität von momentanem negativem Affekt und psychotischen Erlebnissen sowie einen stärkeren positiven Affekt auf. Diese Effekte konnten sowohl direkt nach der Intervention als auch beim vierwöchigen Follow-up gefunden werden. Ebenfalls wurde eine Reduktion der psychotischen, depressiven und ängstlichen Symptome berichtet.

Selbstmanagement

In der Pilotstudie von Carmona et al. (2021) bekamen 51 Jugendliche und junge Erwachsene eine transdiagnostische Selbstmanagement-App zur Verbesserung von Schlafproblemen. Bei den Teilnehmenden handelte es sich um eine nicht-klinische Stichprobe von Personen mit selbstberichteten Schlafproblemen. Das Ziel der Pilotstudie war herauszufinden, ob die Intervention durchführbar ist und Akzeptanz bei den Proband*innen erlangt. Diese berichteten nach der Intervention, dass der Aufbau für sie logisch war, dass sie Vertrauen in die Wirksamkeit der Intervention hatten und dass sie die App weiterempfehlen würden. Auch nahm die Schlaflosigkeit ab und die Schlafdauer nahm zu. Zusätzlich fanden sich signifikante Verbesserungen beim morgendlichen Im-Bett-Liegen, bei Wachzeit, Schlafeffizienz, Schlafzeit, selbstberichteter Schlafstörung, Angst, Depression und Energie. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass diese Selbstmanagement-App transdiagnostisch Schlafstörungen verbessern kann.

Wiederholte negatives Denken

Heckendorf et al. (2019) führten eine RCT mit 260 Leser*innen der Zeitschrift Der Spiegel durch, die erhöhte Werte in wiederholt negativem Denken hatten. Die Interventionsgruppe wurde mit einer Wartelistekontrollgruppe verglichen. Das Hauptziel der Intervention bestand darin, den transdiagnostischen Risikofaktor wiederholte negatives Denken (repetitive negative thinking: RNT) zu verringern. Zusätzlich wurde auch angeschaut, wie sich die mentale Gesundheit und Resilienzfaktoren verändern. Nach der Intervention zeigte die Interventionsgruppe signifikant weniger RNT als die Kontrollgruppe. Diese Effekte konnten auch noch nach einem dreimonatigen Follow-up gefunden werden und nach sechs Monaten waren die Effekte immer noch moderat bis gross. Zusätzlich konnten auch beim sechsmonatigen Follow-up Effekte auf die mentale Gesundheit und auf Dankbarkeit nachgewiesen werden. Bei der Resilienz fielen die Ergebnisse sowohl nach der Intervention als auch beim sechsmonatigen Follow-up signifikant aus, jedoch nicht beim dreimonatigen Follow-up. Diese Studie zeigt, dass Interventionen zur Verbesserung der Dankbarkeit positiven Einfluss auf den transdiagnostischen Faktor RNT haben können und auch Einfluss auf die mentale Gesundheit ausüben können.

Die Pilotstudien von Hilt und Swords (2021) und Webb et al. (2021) beziehen sich auf die gleiche dreiwöchige Achtsamkeits-Smartphone-Intervention für 80 Jugendliche mit häufigem Grübeln. Hilt und Swords (2021) haben die Akzeptanz und erste Effekte der Intervention getestet und Webb et al. (2021) haben untersucht, welche Persönlichkeitscharakteristika als Prädiktoren für den Erfolg direkt nach und drei Wochen nach (kumulativ) der Intervention dienen können. Die Intervention fokussierte auf Achtsamkeit, um Grübeln zu verhindern, da dies ein transdiagnostischer Risikofaktor ist. Hilt und Swords (2021) fanden, dass die Intervention sowohl von den Eltern als auch von den Jugendlichen akzeptiert wurde. Zudem konnte eine signifikante Reduktion des Grübelns, der Besorgnis und der Angst gefunden werden und eine signifikante Abnahme der internalisierenden Symptome laut Elternbericht. Alle diese Effekte blieben bei einem zwölfwöchigen Follow-up bestehen. Webb et al. (2021) hingegen fanden, dass 14–25 % der Varianz in den Outcome-Variablen nach der Intervention auf Charakteristika der Jugendlichen zu Beginn der Intervention zurückzuführen waren. Höheres Grübeln zu Beginn und tiefere Emotionsunterdrückung konnten besser direkte und kumulative Effekte vorhersagen. Wohingegen weibliches Geschlecht und höheres Alter besser direkte, aber nicht kumulative Effekte vorhersagen konnten. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass es nützlich sein könnte, die Charakteristika zu Beginn zu beachten, um vorherzusagen, für wen eine Intervention nützlich sein könnte.

Interpretationsbias

Die Pilotstudie von Beard et al. (2021) hatte zum Ziel, 14 Patient*innen aus Kliniken mit mindestens moderaten psychischen Symptomen vor und nach ihrer Entlassung zu begleiten und mithilfe von transdiagnostischer, kognitiver Interpretationsbias-Veränderung zu unterstützen. Die Patient*innen erhielten vor und nach der Entlassung verschiedene Trainings, die ihnen helfen sollten, den kognitiven Interpretationsbias zu verringern. Das Ziel dieser Studie war herauszufinden, ob die Intervention nützlich ist, akzeptiert wird und wie hoch die Teilnahme ausfällt. Die Teilnahme während der akuten Behandlung war hoch: 12 von 14 Teilnehmenden nahmen mindestens an einer Aufgabe pro Tag teil und 11 erfüllten mindestens fünf Aufgaben pro Tag. Die Teilnahmequote sank jedoch nach der Entlassung aus der Klinik. Nach der Entlassung nahmen nur noch 6 Teilnehmende an der Intervention teil. In der dritten Woche erfüllten diese durchschnittlich zwei Sitzungen pro Woche, wobei 33 % drei Aufgaben pro Woche erledigten. In der vierten Woche sank die Teilnahme auf durchschnittlich 0.83 erfüllte Aufgaben pro Woche. Das qualitative Feedback war mehrheitlich positiv und konnte nützliche Themen und Einrichtungen der App hervorheben. Da die Nützlichkeit und Akzeptanz durch die Teilnehmenden bestätigt werden konnten, würde als nächstes eine RCT notwendig sein.

Metakognitives Denken, um innere Konflikte zu lösen

Die Pilotstudie von Carey et al. (2016) hatte zum Ziel, die Nützlichkeit und Akzeptanz einer Smartphone-App zur Förderung von Zufriedenheit, Wohlbefinden und Zielverfolgung zu untersuchen. Die Studie wurde mit einer nicht-klinischen Stichprobe von 23 Studierenden und Mitarbeitenden der Universität von Manchester durchgeführt. Die Intervention der App basiert auf einer transdiagnostischen kognitiven Therapie, der sogenannten Method of Levels (MOL). In dieser Therapie ging es darum, Zufriedenheit, Wohlbefinden und Zielverfolgung anhand des Lösens von inneren Konflikten und deren unterliegendem psychischem Stress zu fördern. Die Ergebnisse der Studie waren, dass die Art der Fragen bei den Teilnehmenden auf Akzeptanz gestossen ist und nicht zu Besorgnissen oder Bedenken geführt hat. Weiterhin wurde eine nicht-signifikante Abnahme von Depression, Angst und Stress über einen Zeitraum von zwei Wochen gefunden.

Stressreduktion/Copingstrategien

In der RCT von Christoforou et al. (2017) wurden zwei Smartphone-Apps miteinander verglichen. Beide Apps basieren auf KVT und wurden mit 170 Teilnehmenden mit selbstberichteter Agoraphobie über zwölf Wochen hinweg durchgeführt. Der Unterschied der zwei Apps ist, dass die eine spezifisch gegen Agoraphobie (Agoraphobia Free) und die andere transdiagnostisch gegen Angst konzipiert wurde (Stress Free). Am Ende der Intervention wurde die Symptomausprägung in den beiden Gruppen verglichen. Es konnte eine signifikante Abnahme der Agoraphobie-Symptome in beiden Gruppen gefunden werden, wobei es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Personen gab, die die Agoraphobie-App verwendeten, und denen, die eine transdiagnostische App gegen Angst verwendeten. Die statistische Power der Studie war klein (1-b < 50 %), deshalb sollten die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Jedoch kann man erste Hinweise erkennen, dass eine transdiagnostische App genauso hilfreich sein könnte wie eine störungsspezifische App.

Eine andere RCT von Stallman (2019) verglich eine Interventionsgruppe mit einer Wartelistekontrollgruppe. Insgesamt nahmen 56 Studierende einer Universität mit erhöhtem Stress daran teil. Die Interventionsgruppe verwendete über den Zeitraum von einem Monat eine App zur Entwicklung von Copingstrategien. Diese basiert auf der transdiagnostischen stärkenfokussierten Copingplan-Herangehensweise. Die Autorin fand, dass die Interventionsgruppe – im Vergleich zur Kontrollgruppe – signifikante Verbesserung in Wohlbefinden und signifikant weniger selbstberichteten Stress beim einmonatigen Follow-up angab. Die Verbesserung von Stress und Wohlbefinden war klein bis moderat, was laut der Autorin bei Interventionen dieser Art zu erwarten war. Zusätzlich ergab sich zwar eine signifikante Verbesserung der gesunden Copingstrategien, jedoch nicht eine signifikante Verminderung der ungesunden Copingstrategien. Die Autorin schlussfolgerte, dass diese App bei Personen, die auf einer Warteliste für eine Behandlung sind oder die keine psychische Störung haben, nützlich sein könnte.

Verschiedene Faktoren

Weisel et al. (2020) testeten in einer Pilotstudie eine transdiagnostische, smartphonegestützte Intervention gegen Angststörungen auf Erfahrungen der Nutzer*innen und auf die Effekte der Intervention. Die 49 Teilnehmenden wiesen verschiedene Angststörungen auf (generalisierte Angststörung, soziale Angststörung, Agoraphobie mit und ohne Panikattacken und subklinische Depression) und nutzten die Intervention für sieben Sitzungen und eine anschliessende Booster-Sitzung. Die sieben Sitzungen beinhalteten Psychoedukation, Bedürfnisse und Ziele verfolgen, Schwierigkeiten überwinden und angenehme Aktivitäten planen, kognitive Umstrukturierung, Expositionen oder Probleme lösen und Pläne für die Zukunft erstellen. Gefunden wurde, dass die Intervention durchführbar ist und es eine signifikante Verbesserung der Angst- und Depressionssymptome gab. Zusätzlich wiesen alle Teilnehmenden zu Beginn eine Angststörung auf, wohingegen sich die Zahl nach der Intervention um mehr als die Hälfte reduzierte (54 %). Mit dieser Intervention könnten demnach verschiedene Angststörungen und auch komorbide Depressionen transdiagnostisch angegangen werden.

Interpretation

Basierend darauf, dass Emotionsregulation am häufigsten verwendet wurde (4 von 13 Studien), gefolgt von wiederholt negativem Denken (3 von 13 Studien), kann geschlussfolgert werden, dass diese zwei Faktoren eine entscheidende Rolle bei der transdiagnostischen Behandlung von psychischen Störungen via smartphonebasierten, störungsübergreifenden EMIs spielen. Der Faktor Emotionsregulation ist auch konsistent mit dem transdiagnostischen Faktor Emotionsregulation beim UP (s. zuvor). Die transdiagnostischen Mechanismen intolerance of uncertainty und experiential avoidance des UP konnten jedoch in den hier genannten Studien nicht gefunden werden.

Wenn man sich die Nützlichkeit der Interventionen anschaut, konnten zwei RCTs aufzeigen, dass die Interventions- im Vergleich zur Wartelistekontrollgruppe nach der Intervention signifikante Verbesserungen bzgl. den untersuchten Outcome-Variablen zeigte. Weiter konnten auch Verbesserungen der mentalen Gesundheit gefunden werden. Diese manifestiert sich in signifikant besserem Wohlbefinden, verbessertem Coping und weniger Stress (Heckendorf et al., 2019; Stallman, 2019). Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass transdiagnostische EMIs via Smartphone besser sind als keine Intervention. Darüber hinaus konnte die RCT von Christoforou et al. (2017) zeigen, dass die störungsspezifische EMI der transdiagnostischen EMI nicht überlegen war. Beide zeigten eine signifikante Abnahme der Symptome, wobei es keinen signifikanten Unterschied zwischen den zwei Interventionen gab. Diese Studie weist darauf hin, dass es ökologischer und genauso nützlich sein könnte, transdiagnostische anstatt störungsspezifische EMIs zu erstellen und zu verwenden. Weiterhin konnten mehrere Pilotstudien eine Verminderung in folgenden Bereichen messen: negativer Affekt, Angst, Besorgnis und Schlaflosigkeit. Auch Verbesserungen bzgl. positivem Affekt und Stimmung konnten erfasst werden (Carmona et al., 2021; Hilt & Swords, 2021; Meinlschmidt et al., 2016; Rauschenberg et al., 2021). Zusätzlich konnte in einer der aufgeführten Pilotstudien die Anzahl der Personen mit Angststörungen auf weniger als die Hälfte reduziert werden nach der Intervention (Weisel et al., 2020). Somit kann festgehalten werden, dass neben den RCTs auch die Pilotstudien bisher positive Ergebnisse der Interventionen aufzeigen konnten.

In dieser Studie konnte die Nützlichkeit und Akzeptanz vonseiten der Teilnehmenden für smartphonebasierte, störungsübergreifende EMIs durch mehrere Pilotstudien gefunden werden. Auch die Eltern bei jugendlichen Teilnehmenden äusserten ihre Akzeptanz. Diese Befunde sind insofern wichtig, weil ohne positive Einschätzung der Nutzer*innen Interventionen dieser Art keinen Gebrauch finden würden. Generell kann auch festgehalten werden, dass in den genannten Studien eine hohe Bereitschaft besteht, transdiagnostische EMIs mit dem Smartphone zu verwenden (Carmona et al., 2021; Fleming et al., 2017; Hilt & Swords, 2021; Rauschenberg et al., 2021). Man sollte jedoch vorsichtig in der Generalisierung sein, da es vor allem in den Pilotstudien denkbar ist, dass es sich um eine selektive Stichprobe handelt. Diesbzgl. könnte es sein, dass Personen mit einer kritischen Einstellung gegenüber Smartphones gar nicht an solchen Studien teilnehmen.

Um zu verhindern, dass es im Verlauf einer Studie zu einer Abnahme der Teilnahme kommt – wie es bei der Studie von Beard et al. (2021) der Fall war –, wäre es sinnvoll, Elemente einzubauen, die die kontinuierliche Nutzung und Teilnahme verstärken könnten. Ein Beispiel dafür könnte ein Avatar sein, der durch die Teilnahme an der Intervention belohnt wird. Auch kann es nützlich sein, die Persönlichkeitscharakteristika der Teilnehmenden zu Beginn zu erfassen, da diese die Outcomes unterschiedlich beeinflussen, wie es die Pilotstudie von Webb et al. (2021) gezeigt hat.

Die Stichprobenzusammensetzung unterschied sich stark zwischen den Studien. Es wurden sowohl klinische als auch nicht-klinische Personen untersucht. Auffällig war, dass mehr als ein Drittel (5 von 13) der Studien Jugendliche oder junge Erwachsene als Zielgruppe hatten. Einer der dafür genannten Gründe war, dass die meisten psychischen Störungen das erste Mal im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter auftreten (Rauschenberg et al., 2021). Auch werden die biologischen Veränderungen in diesem Alter als Risikofaktoren genannt (Carmona et al., 2021). Gestützt auf diese Begründungen sollten in zukünftigen Studien transdiagnostische EMIs für das Smartphone speziell als Prävention oder erste Intervention für das Jugendalter entwickelt und diese anschliessend auf Wirksamkeit geprüft werden. Weiterhin wurde die Mehrheit der Studien mit einer nicht-klinischen Stichprobe durchgeführt, wodurch man die Ergebnisse nicht auf klinische Personen generalisieren darf.

Fazit und Ausblick

Die KVT entfernt sich mit fortlaufender Zeit vielleicht von der kategorialen Sichtweise auf Störungen. Deswegen könnte es immer wichtiger werden, transdiagnostische Interventionen zu entwickeln, die man bei verschiedenen oder auch komorbiden Störungen verwenden kann (Dalgeish et al., 2020). Das Smartphone eignet sich als ideales Medium zur Anwendung von Therapien in Form von EMIs, da es immer und überall verwendet werden kann und die Mehrheit ohnehin eines besitzt (Torous et al., 2014). Aus diesen Gründen ist es wichtig, eine Übersicht über transdiagnostische Faktoren zu haben, die in bisherigen smartphonebasierten, störungsübergreifenden EMIs identifiziert wurden. Mit den hier identifizierten transdiagnostischen Faktoren (Emotionsregulation, wiederholt negatives Denken, metakognitives Denken, Stressreduktion/Coping, Selbstmanagement und Interpretationsbias) konnte ein Überblick über bisherige smartphonebasierte, störungsübergreifende EMIS erstellt werden.

Die Limitationen dieser Literaturarbeit gehen zum Teil mit den Limitationen der eingeschlossenen Studien einher. Die Mehrheit dieser weist eine kleine Stichprobe auf, wodurch die statistische Power der Studien wahrscheinlich gering ist. Weiterhin wurden wenige RCTs miteingeschlossen, wodurch man die Ergebnisse nicht generalisieren kann. Darüber hinaus muss man bei dieser Literaturarbeit beachten, dass es sich um eine selektive Auswahl von eingeschlossenen Studien handelt. Es gibt noch weitere Studien, die transdiagnostische Smartphone-Interventionen thematisieren, jedoch aufgrund der Such- sowie Ein- und Ausschlusskriterien nicht identifiziert werden konnten.

Für zukünftige Studien sollte beachtet werden, dass es wenige RCTs gibt, die störungsübergreifende EMIs via Smartphones untersucht haben. Diese Erkenntnisse gehen auch mit dem Literaturreview von Pennou et al. (2019) einher. Aus diesem Grund sollten RCTs zur Prüfung deren Nutzens durchgeführt und in weiteren Schritten Metaanalysen generiert werden, durch die man erkennen könnte, welche transdiagnostischen Faktoren die stärkste Wirkung haben. Weiterhin sollten auch smartphonebasierte, störungsübergreifende EMIs entwickelt werden, die auf den Faktoren intolerance of uncertainty und experiential avoidance basieren, da dies zwei etablierte transdiagnostische Mediatorvariablen bei verschiedenen affektiven Störungen sind und beim UP gezielt moduliert werden (Khakpoor et al., 2019).

Literatur

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The smartphone as a tool in psychotherapy

Use and benefit on the basis of transdiagnostic factors

Abstract: With the exception of some children and elderly people, nearly everyone is using a smartphone or a similar device. By this, online interventions get easier to access for more people. Digital interventions, which can be used transdiagnostic, show some advantages, compared to disorder specific interventions (e. g. less costs and a broader use). The here discussed literature review evaluated transdiagnostic factors, that were identified in previous Smartphone based Ecological Momentary Interventions (EMI) for various psychological disorders. The scientific databases PubMed, APA PsycArticles, APA PsycInfo und PSYNDEX were searched through with the same search terms and with a filter for academic journals only. Out of this, 13 articles were extracted. Ultimately, the following transdiagnostic factors were identified: emotion regulation, repetitive negative thinking, self-management, metacognitive thinking, stress-reduction/coping, and interpretation bias. Overall, this literature review gives an overview of transdiagnostic factors that were targeted in previous EMIs for Smartphones. One limitation of the stated study is that the included studies are a selected sample, from which 8 out of 13 studies were pilot studies. However, 3 randomised controlled trials and one literature review were also included.

Keywords: Ecological Momentary Intervention (EMI), Smartphone, transdiagnostic approach, mobile applications, clinical psychology

Lo smartphone come mezzo psicoterapeutico

Utilizzo e vantaggi grazie a fattori transdiagnostici

Riassunto: A parte poche eccezioni, rappresentate da bambini e anziani, quasi tutti oggi hanno uno smartphone o dispositivi simili, quindi le terapie online sono accessibili a un numero crescente di persone. Rispetto agli interventi specifici per un particolare disturbo, gli interventi digitali che possono essere utilizzati a livello transdiagnostico mostrano dei vantaggi, ad esempio costi ridotti e un campo di applicazione più ampio. La letteratura qui discussa è dedicata agli interventi transdiagnostici via smartphone e si interroga su quali fattori transdiagnostici si possano identificare nelle modalità di intervento ecologico (Ecological Momentary Intervention; EMI) basate su smartphone e applicate a vari disturbi finora adottate. Per rispondere a questa domanda sono state ricercate le banche dati scientifiche PubMed, APA PsycArticles, APA PsycInfo e PSYNDEX con le stesse parole chiave e il filtro «Academic Journals», estrapolando 13 articoli che affrontavano la questione e nei quali è stato possibile identificare i seguenti fattori transdiagnostici: regolazione delle emozioni, pensiero negativo ripetuto, bias interpretativo, pensiero metacognitivo, riduzione dello stress/coping e autogestione. Questa letteratura fornisce così una panoramica dei fattori transdiagnostici che è stato possibile identificare nelle EMI basate su smartphone e adottate per vari disturbi. Si tratta tuttavia di una raccolta limitata poiché include solo alcuni studi selezionati. Inoltre, 8 su 13 sono studi pilota e sono stati inseriti solo 3 studi controllati randomizzati.

Parole chiave: Ecological Momentary Intervention (EMI), smartphone, approccio transdiagnostico, applicazioni mobili, psicologia clinica

Die Autorin

Severina Caplazi ist Studentin im Masterstudiengang Psychologie an der Universität Zürich mit Praktika in der Psychiatrie.

Kontakt

severinacaplazi@gmail.com