Ein Werkstattbericht aus der psychoanalytischen Praxis am Psychoanalytischen Seminar Zürich
Veronica Defièbre
Psychotherapie-Wissenschaft 11 (2) 2021 21–30
www.psychotherapie-wissenschaft.info
https://doi.org/10.30820/1664-9583-2021-2-21
Zusammenfassung: Dieser Artikel befasst sich mit zwei praktischen Formen aktueller psychoanalytischer Traumdeutung, die am Weiterbildungsinstitut Psychoanalytisches Seminar Zürich (PSZ) praktiziert werden. Es handelt sich um Traumseminare von Fritz Morgenthaler und das Projekt der Traumstationen des Missing Link-Teams, das aus Mitgliedern des PSZ besteht. Morgenthaler hat mit den von ihm neu konzipierten Traumseminaren ein Instrument geschaffen, das Teilnehmenden durch die Deutung des vorgestellten Traums ein vertieftes Verständnis von diesem, aber auch des psychoanalytischen Kontextes, in dem der Traum stattgefunden hat und dem man sich im Rahmen des Seminars nähert, vermittelt. Noch stärker aus dem psychoanalytischen Setting gelöst werden Träume bei den Traumstationen, die an verschiedenen Orten in der deutschsprachigen Schweiz aufgestellt wurden und in die verschriftliche Träume eingeworfen werden konnten, um eine ebenfalls schriftliche psychoanalytische Deutung zu erhalten. Neben diesen Traumstationen gab es auch noch eine E-Mail-Adresse und eine Hotline, wo Träume eingereicht werden konnten. Die Traumdeutung ist hier nicht mehr Teil eines psychoanalytischen Settings in Praxisräumen, sondern findet auf neuen virtuellen Wegen statt, zu denen zu einem späteren Zeitpunkt noch die Form des Podcasts hinzukommt. Die Träume kommen also nicht in die Psychoanalyse, sondern die Psychoanalyse kommt zu ihnen, in den Alltag, wo sie passieren. Dieses Projekt versteht sich als praktisches kreatives Experiment im psychoanalytischen Umgang mit Träumen und enthält keinen wissenschaftlich fundierten Forschungsansatz.
Schlüsselwörter: Freuds Traumdeutung, Morgenthalers Traumseminare, Traumstationen, Träume, Psychoanalyse
Wenn man mit Menschen, die sich nicht professionell mit Träumen beschäftigen, über Traumdeutung spricht, stösst man immer wieder auf Sigmund Freud und seinen Ansatz. Dabei sind vor allem drei seiner Postulate bis heute bekannt: Seine Aussage «Die Traumdeutung aber ist die Via regia zur Kenntnis des Unbewussten im Seelenleben» (Freud, 1942, S. 613), seine Theorie, jeder Traum sei eine Wunscherfüllung, der er in seinem umfassenden Werk mit dem Titel Die Traumdeutung ein ganzes Kapitel gewidmet hat (ebd., S. 127–138), und seine Vorstellung vom «Traum als den Hüter des Schlafes» (ebd., S. 691). Freud postuliert also, dass sich im Traum das Unbewusste zeige und die Deutung des Traums der Weg sei, sich ihm zu nähern, da auch das Verdrängte, das sich im Bereich des Unbewussten befinde, weiter im Menschen fortbestehe und sich zum Beispiel im Traum in verborgener Weise zeigen könne (ebd., S. 613).
Seine Überlegungen zum Traum als Wunscherfüllung erfassen sehr viele Facetten davon. Eine davon sei der sogenannte «Bequemlichkeitstraum» (ebd., S. 129), der Träumenden helfe, aktuelle Bedürfnisse, zum Beispiel Durst, zu befriedigen, sodass sie nicht aufwachen und trinken müssen (ebd., S. 129ff.). In seinem Kapitel über «Die Traumentstellung» geht Freud auf seine komplexeren Überlegungen zum Traum als Wunscherfüllung ein (ebd., S. 140–168). Hier befasst er sich genauer mit seiner Unterscheidung von manifestem und latentem Trauminhalt. Mit dem manifesten Trauminhalt meint er das, was wir als Traum erinnern. Der latente «Gedankeninhalt» dagegen sei das, was durch die Deutung herausgearbeitet werden könne (ebd., S. 140). In diesem Kontext erwähnt er die sogenannte «Traumentstellung» (ebd., S. 141), die dafür sorge, dass der latente Trauminhalt zunächst verborgen bleibe. Eine Möglichkeit, Zugang dazu zu finden, seien nach Freud spontane, möglichst ungefilterte Assoziationen der Träumenden zu ihren Träumen im Rahmen einer Psychoanalyse (ebd.). Ein Teil der psychoanalytischen Deutungsarbeit sei es, «die Beziehungen des manifesten Trauminhalts zu den latenten Traumgedanken zu untersuchen», bemerkt Freud (ebd., S. 283) zu diesem Thema an anderer Stelle. Auch hierfür sei für ihn die freie Assoziation in einer Psychoanalyse der beste Weg. Erst durch die Einfälle im Austausch von Psychoanalytiker*in und Analysand*in, die im Zuge der Traumdeutung entstehen würden, könnte dies erarbeitet werden (ebd., S. 286).
Aus der Deutung eines seiner eigenen Träume leitet Freud ab, dass Träume, die keine unverhüllte Wunscherfüllung zeigen, einen abgewehrten Wunsch enthalten könnten, der nur verstellt dargestellt werden könnte (ebd., S. 147f.). Es finde also eine Art Zensur statt. Diese beträfe Inhalte, die nicht bewusstseinsfähig seien (ebd., S. 149). Es handle sich jeweils um verdrängte Wünsche, die sich Betroffene nicht eingestehen wollen (ebd., S. 166). Aber der Traum enthalte auch immer Reste des Tages, die darin verarbeitet würden, rücke zudem unbeachtete Ereignisse in den Mittelpunkt, könne aber auch Material aus der frühen Kindheit enthalten, das wir im Bewussten längst vergessen hätten (ebd., S. 170). Nebensächliches, das in den Vordergrund rücke, bezeichnet Freud als «Verschiebung» (ebd., S. 183), wodurch ein neuer Akzent gesetzt würde (ebd.). Von besonderem Interesse für die Psychoanalyse sei das Infantile als Quelle für Trauminhalte, also Erinnerungen aus der Kindheit (ebd., S. 195). Diese Inhalte seien ohne psychoanalytische Traumdeutung nicht zugänglich (ebd., S. 196), die Erinnerungen seien in Form von Anspielungen im manifesten Trauminhalt zu finden und müssten im Zuge der Deutungsarbeit aufgedeckt werden (ebd., S. 204).
Auch der Wunsch des Ichs zu schlafen werde vom Traum befriedigt, wenn er dafür sorge, dass innere oder äussere Reize nicht bewirken könnten, dass man aufwache (ebd., S. 240). Hier wären wir bei der Vorstellung vom Traum als Hüter des Schlafes angelangt. Dies ist jedoch nur ein Aspekt seiner Hüterfunktion. Ein weiterer sei die Angst vor verdrängter Libido, die sich dann oftmals als Angsttraum zeige, der sowohl verdrängte sexuelle Wünsche als auch die Angst davor aufgreife, sie im Traum zur Darstellung zu bringen und damit den Schlaf zu hüten und ein Erwachen zu verhindern (ebd., S. 242).
Das sind selbstverständlich nur ein paar Aspekte aus einer sehr umfassenden Auseinandersetzung von Freud mit Träumen. In diesem Artikel soll es jedoch nicht so sehr um die Theorie des Traums, sondern um den praktischen Umgang damit an zwei Beispielen aus der psychoanalytischen Praxis des Weiterbildungsinstituts Psychoanalytisches Seminar Zürich (PSZ) gehen. Beide Formen wurden dort entwickelt und werden dort praktiziert. Bei den Traumseminaren gibt es eine theoretische Fundierung, in der Freuds Traumdeutung weiterentwickelt wurde. Bei den Traumstationen ging es weniger um eine theoretische Verankerung als um eine Auseinandersetzung mit Träumen durch Psychoanalytiker*innen, allerdings in einem nicht-analytischen Setting unter Einsatz neuer Medien, was am PSZ selbst kritische Resonanz hervorgerufen hat.
Im Seminarbetrieb des PSZ wird Fritz Morgenthalers Ansatz zur Traumdeutung genauso viel, wenn nicht sogar mehr Gewicht gegeben als demjenigen Freuds. Morgenthaler, als eines der Mitglieder der ersten Stunde des PSZ, hat sich sehr mit Freuds Traumdeutung beschäftigt, dessen Thesen weiter- und daraus seine eigene Technik entwickelt, die sogenannten Traumseminare (ein Beispiel dafür findet sich bei Morgenthaler, 2004, S. 91–138). Für ihn sei Freud zu sehr darauf konzentriert gewesen, seine Erkenntnisse zum Unbewussten durch die Traumdeutung zu untermauern, Morgenthaler dagegen wollte sich noch mehr mit dem Traum selbst und seiner Struktur auseinandersetzen (ebd., S. 20). Zugleich betonte er, dass er Freuds Traumdeutung ergänzen wolle, nicht ersetzen und sich daher in dessen Tradition verstehe (ebd., S. 41).
Freud selbst hätte im Zuge eines Traumbeispiels, mit dem sich Morgenthaler eingehend auseinandersetzt, darauf hingewiesen, dass die Begleitumstände einer Traumerzählung eine grosse Rolle spielen würden, also wann und wie ein Traum erzählt würde (ebd., S. 43). In diesem Beispiel könnte der gebrachte Traum, den sich die Analysandin von einer anderen Träumerin angeeignet und in der Analyse bei Freud erzählt hatte, ein Mittel sein, so Morgenthaler, Zuwendung vom Psychoanalytiker zu bekommen, motiviert durch ihre Liebeswünsche ihm gegenüber (ebd., S. 24f.). Im Zuge davon führt Morgenthaler den Begriff der «Traumdiagnostik» (ebd., S. 27) ein. Damit meint er, die Funktion des Traums innerhalb der Psychoanalyse, im genannten Beispiel also der Wunsch, vom Analytiker geliebt zu werden (ebd.).
Morgenthaler geht es zudem um das Erleben der Träumenden ebenso wie aller anderen, die mit dem Traum in Berührung kommen, und nicht nur um die Erinnerungen und Assoziationen der Patient*innen. Ihn interessieren die unbewussten Erlebnisqualitäten, die zum Beispiel im zuvor erwähnten Traumbeispiel Freuds Auskunft über das Verhältnis der Analysandin zu anderen wichtigen Bezugspersonen geben würden, weshalb auch diese Beziehungen betrachtet und deren Erleben durch die Analysandin untersucht werden sollten (ebd., S. 44f.). Zudem würden die Art und Weise der Traumerzählungen, der Zusammenhang, in dem sie geschehen, wie sie erinnert würden und wie Träumende damit umgehen, weitere Auskünfte über Träume und ihre Bedeutung geben (ebd., S. 51). Für Morgenthaler ist daher wichtig, welche «unbewußte emotionale Bewegung» (ebd., S. 79) Träumende dazu veranlasst, Träume zu erzählen. Entsprechend wichtig sei, was Träumende vor Traumerzählungen sagen, weil es ebenfalls Hinweise auf latente Trauminhalte enthalten könne (ebd., S. 80). Diese emotionale Bewegung würde sich auch im Traum selbst wiederfinden lassen, könnte zum Beispiel von Traumprotagonist*innen transportiert werden (ebd., S. 82): «Im manifesten Traumbild enthält jede thematische Einzelheit eine unbewußte Tendenz und ein strukturelles Element. Die formalen Gesichtspunkte richten sich auf die Sukzession der einzelnen Traumteile und auf die Art und Weise, wie der Träumer mit dem Traum umgeht» (ebd., S. 87).
Sehr gut veranschaulicht wird Morgenthalers Theorie in seiner Darstellung des Traums als Theaterstück, bei dem Träumende im Publikum sitzen und all die verschiedenen Mechanismen ihrer Träume in Gestalt von Requisiten, Schauspieler*innen, deren Verkleidungen und der Handlung erleben (ebd., S. 81–84).
Diese theoretischen Überlegungen fanden auch Eingang in ein neues Setting, das Morgenthaler ins Leben rief und in dem die Traumdeutung ausserhalb der Analyse im sogenannten Traumseminar mit Psychoanalytiker*innen und einer*einem psychoanalytischen Leiter*in, in seinem Beispiel er selbst, stattfand (ebd., S. 89–138). Übrigens seien die Traumseminare gemäss Ralf Binswanger (2004, S. 180) aus didaktischen Gründen entstanden, weil Morgenthaler bei seinen Seminarteilnehmer*innen immer wieder Hemmungen feststellte, Träume ihrer Patient*innen im Kontext der Analyse, die bei ihnen stattfand, zu präsentieren. Als er sie bat, nur den Traum zu erzählen, stiess er offenbar auf mehr Offenheit und Bereitschaft.
In dem in Morgenthalers Buch Der Traum (2004) veröffentlichten Traumseminar stellt eine der Teilnehmer*innen, die sogenannte Traumreferentin, einen Traum eines Patienten vor, ohne weitere Angaben zu seiner Person oder der psychotherapeutischen Situation zu machen (ebd., S. 91f.). Sie schweigt, wenn angeleitet vom Traumseminarleiter die Teilnehmer*innen zum Traum assoziieren. Hier folgt Morgenthaler zwar grundsätzlich Freuds Ansatz vom freien Assoziieren (Freud, 1942, S. 105ff.), aber im Gegensatz zu dessen Vorgehen assoziieren nicht die Träumenden selbst, sondern die Teilnehmenden des Traumseminars. Sie sind es, die das sagen, was ihnen spontan in den Sinn kommt, möglichst ungefiltert. Im Laufe der Diskussion entsteht sukzessive ein Bild von dem Patienten, der psychoanalytischen Situation und den Themen, die darin auftauchen (Morgenthaler, 2004, S. 92–132). Darauf folgt ein Bericht der Traumreferentin, in dem sie genauere Angaben zum Patienten gibt und auf verschiedene Überlegungen und Postulate der Traumseminarteilnehmenden eingeht, was dann nochmals im Plenum diskutiert wird (ebd., S. 132–138).
Diese besondere Form des Traumseminars wird bis heute nach Morgenthaler unter anderem von Binswanger weitergeführt. Aus einem von ihm geleiteten Traumseminar entstand das Sonderheft «Mit Träumen arbeiten» des Journals für Psychoanalyse (Burgermeister et al., 2017), in dem sich unter anderem ein Werkstattbericht zu verschiedenen Traumseminaren befindet, der einen guten Eindruck vermittelt, wie diese Tradition bis heute am PSZ gelebt wird (Herot et al., 2017).
Morgenthaler (2004, S. 150) selbst sagt zu der Intention, die hinter seinen Traumseminaren steht:
«Der Zweck des Traumseminars ist vielmehr der, die Entwicklung der Interpretation und Technik am Traum in einer möglichst reinen Form vorzulegen. Wenn wir zu viele Details, zu viele Assoziationen, Umstände, die uns immer so wichtig sind im Traum, mitbenutzen, wird die Struktur des Traumes einfach nicht klar sichtbar. Wenn wir darauf verzichten, die Assoziationen des Träumers und die gesamte Traumsituation miteinzubeziehen, dann werden die Mittel, die die psychoanalytische Methode der Interpretation des Traumes zur Verfügung stellt, besser strukturiert, herausgehoben, wie ein Relief.»
Binswanger (2004, S. 181) präzisiert, was die Traumseminare so wertvoll macht: Die dort erarbeiteten Hypothesen wurden in der Praxis immer wieder als sehr hilfreich für den analytischen Prozess der Patient*innen von den Traumvorstellenden erlebt. Es ist also ein Hilfsinstrument für die psychotherapeutische Praxis im Hinblick auf Diagnose, wichtige Themen in der Therapie, allenfalls auch Problematiken, die übersehen wurden. So hat es die Autorin selbst bei ihrer Teilnahme an den Seminaren erlebt. Klinische Studien gibt es zu diesem Verfahren leider bislang keine.
Für die Praxis am PSZ sind neben Freud und Morgenthaler weitere psychoanalytische Ansätze relevant, die nachfolgend kurz vorgestellt werden.
Selbst aus den neueren psychoanalytischen Ansätzen zur Traumdeutung ist Freud kaum wegzudenken. Auf ihn wird in den meisten Fällen Bezug genommen und er wird allenfalls weiterentwickelt oder Aspekte aus seiner Traumdeutung stärker betont. So geht auch Andreas Hamburger (2017, S. 7) von Freud und seiner These aus, dass der Traum der Königsweg zum Unbewussten sei. Er bezieht sich dann jedoch auf die Säuglingsforschung, nach der Kinder träumen lernen, indem ihnen Eltern den Unterschied zwischen ihrem wachen Leben und dem Traumleben erklären. So würde schon früh eine primäre Intersubjektivität entstehen, es gebe also eine Art «unbewussten Traumdialog zwischen Eltern und Kindern» (ebd., S. 13). Wie schon bei Kindern sei auch später in der Psychoanalyse der Traum eine Erzählung, also ein kommunikativer Akt. Hier folgt er Morgenthalers Ansatz, der mehr an den interaktiven Prozessen zwischen Patient*in und Psychoanalytiker*in interessiert ist. Das szenische Geschehen in der Analyse soll berücksichtigt und damit Freuds Einschränkung auf das Assoziieren der Träumenden aufgehoben werden. Damit sei die Traumdeutung nicht als abgeschlossene Erkenntnis zu verstehen, sondern als eine Bedeutung, die sich in der therapeutischen Beziehung ergebe (ebd., S. 15f.). Mit diesem Ansatz folgt er stärker Morgenthaler, mit dem er sich ebenfalls auseinandersetzt (ebd., S. 15–22), als Freud. Durch die Traumerzählung tauchen Analytiker*in und Träumer*in in eine für beide fremde und zunächst unverständliche Welt ein, die sie gemeinsam versuchen zu verstehen (ebd., S. 22).
Hanspeter Mathys (2017) sieht sich selbst in der Tradition von Freud und Morgenthaler, versteht den Traum jedoch weniger als Erzählung, sondern als Agieren, in dem im Sinne Morgenthalers Verdrängtes durch den Akt des Träumens und Erzählens als etwas Aktives in die analytische Beziehung gebracht wird (ebd., S. 132ff.). Anhand eines Traumbeispiels zeigt Mathys, wie er sich dem Traumgeschehen mit seiner analytischen Deutung zunächst nähert, um so vom manifesten Traum zum latenten vorzudringen und diesen zu verstehen. Damit sieht sich er sich in seiner Art der Traumdeutung näher bei Morgenthaler als bei Freud, unterscheide sich jedoch von beiden, da er Bewusstes und Unbewusstes, also manifesten und latenten Trauminhalt, weniger differenziere (ebd., S. 145).
Dagegen bringt Maria Steiner Fahrni (2017, S. 150f.) neue Elemente in die psychoanalytische Traumdeutung, wenn sie die Technik des «phänomenologischen Eintauchens», das auf Heideggers und Boss’ philosophischen Ansätzen basiert, mit dem Konzept der Intersubjektivität verbindet. So bedient sie sich einer aktiven Befragungstechnik, die aus dem phänomenologischen Eintauchen abgeleitet ist, und versucht die Dramaturgie und Entwicklung des Traums so zu erfassen und nachzuvollziehen. Es gehe dabei zunächst um die Wahrnehmung, die Interpretation werde davon klar unterschieden. Träumer*in und Deuter*in träten dadurch in einen wechselseitigen Dialog, wodurch eine eigene Dynamik entstehe. Diese gemeinsame Annäherung an den Traum von Analytiker*in und Patient*in werde durch den Ansatz der Intersubjektivität noch vertieft. Durch die Auseinandersetzung mit Übertragung und Gegenübertragung in diesem Zusammenhang gehe es nicht mehr allein um den*die Patient*in wie bei Freud, sondern der*die Analytiker*in gestalte den Prozess mit, wie dies bei Morgenthaler der Fall sei (ebd.). Aber Steiner Fahrni ist neben den verbalen Aspekten des Austausches auch das Nonverbale wichtig, dem sie entsprechend bei ihrer Traumdeutung ebenfalls Gewicht verleiht (ebd., S. 153). So bildet für sie das Konzept des «impliziten Beziehungswissens» (ebd., S. 155) zusätzlich ein Element ihres Ansatzes. Es gehe hier um das Präverbale, das dem implizit-prozeduralen Gedächtnis zuzuordnen sei, in dem ganz frühe Beziehungserfahrungen und daraus entstandene Beziehungsmuster gespeichert seien. Dieses implizite Beziehungswissen könne in Träumen wieder auftauchen und erkannt werden, wenn darauf ein Augenmerk gelegt würde (ebd., S. 153–155). Ihre Arbeit hätte ihr gezeigt, dass dieses frühe implizite Beziehungswissen in Träumen erwachsener Menschen zu finden und, wenn es erkannt werde, hilfreich für den weiteren Therapieverlauf sei (ebd., S. 165). Damit hat sich Steiner Fahni weiter von Freuds Ansatz der Traumdeutung wegbewegt und ist näher bei Morgenthaler, hat aber auch Elemente hinzugefügt, die bei ihm nicht zu finden sind.
Michael Ermann (2017, S. 170) ergänzt Freuds Traumtheorie, die sich vor allem bei Neurotiker*innen anwenden lasse, mit dem Konzept der «archaischen Träume». Er bezieht sich dabei wie Steiner Fahrni auf neuere Erkenntnisse der Gedächtnistheorie. Auch er spricht von frühen Beziehungserfahrungen, die besonders affektive und sensorische Qualitäten hätten und im implizit-prozeduralen Gedächtnis abgespeichert seien. Daraus würden sich archaische Träume speisen, die aus tief regressiven Zuständen entstünden und vor allem bei Patient*innen mit Persönlichkeitsstörungen zu finden seien. Dies sei die prozedurale Dimension des Traums. Die episodische Dimension hätte ihren Ursprung in späteren Erfahrungen und Erinnerungen, die aus dem explizit-deklarativen Gedächtnis stammen würden. Mit dieser Art Traum hätte sich Freud vor allem beschäftigt. Ermann nennt sie «neurotische Träume» (ebd., S. 172), räumt aber ein, dass sie auch archaische Elemente enthalten könnten (ebd., S. 171f.). Entsprechend fliessend seien die Übergänge zwischen beiden. Aber der Umgang mit Träumen in der psychoanalytischen Psychotherapie sei unterschiedlich. Bei neurotischen Träumen gehe es Freuds Theorie entsprechend um die Bewusstmachung unbewusster Inhalte (ebd., S. 172), wohingegen es bei archaischen Träumen um den Aufbau der Ich-Struktur gehe, um der Regression entgegenzuwirken, mit Patient*innen eine gute Kommunikation aufzubauen, also mehr stützend als interpretierend zu deuten (ebd., S. 181).
Diese Auswahl an neueren Traumdeutungsansätzen der Psychoanalyse zeigt, dass Freud immer noch Ausgangspunkt und Grundlage bildet, aber der Fokus wie auch bei Morgenthaler mehr auf dem Interaktiven liegt, auch in Bezug auf die Beziehung von Analytiker*in und Patient*in.
Als das Theater am Neumarkt eine Inszenierung von Freuds Traumdeutung plante (die allerdings bis heute nicht aufgeführt wurde), griff die Missing Link-Gruppe1 die Idee, sich mit Träumen zu beschäftigen, auf und wählte den Traum zum Gegenstand des Missing Link-Preisausschreibens im Jahr 2019 unter dem Titel «Traum Agent – Agent Traum», was zugleich der Titel der Veranstaltung war, in deren Rahmen die Preisverleihung stattfand (Bader et al., 2021d). Seit 2007, damals zum 30-jährigen Bestehen, stiftet das PSZ den Missing Link-Preis, bei dem es um Psychoanalyse im Kontext anderer Disziplinen geht (Bader et al., 2021e). 2019 sollte sich mit dem Thema Traum auf vielfältige Weise auseinandergesetzt werden. Träume wurden dabei vor allem aufgefasst als «Verarbeitungen dessen, was uns innerlich und äusserlich beunruhigt, ängstigt und aus dem Rahmen wirft», und zugleich waren unterschiedlichen Medien von Interesse, die in Träumen auftauchen und die neben Bildern und Sprache durchaus auch haptische sowie olfaktorische Eindrücke vermitteln (Bader et al., 2021b).
Nach Auffassung von Bader und Kolleg*innen (2021a) ist der Traum zwar Teil unseres Lebens, unseres Alltags, geht aber gleichzeitig über uns und unser tägliches Leben hinaus, konfrontiert uns mit Fremdartigem, Anderem. Damit sprengten die Initiator*innen der Traumstationen den psychoanalytischen Rahmen, der Träume in den Kontext einer Psychoanalyse oder allenfalls wie bei Morgenthaler und Binswanger in ein psychoanalytisches Traumseminar stellt. Sie suchten Träume dort, wo sie stattfinden: nicht im Praxiszimmer, sondern im Alltag, draussen in der Welt. Es ging ihnen weiterhin um eine psychoanalytische Deutung, der Freuds Ansatz zugrunde liegt, aber in neuen Kontexten. Statt in eine Psychoanalyse zu gehen, um eine psychoanalytische Deutung eines Traums zu erhalten, fand dies per E-Mail statt. So sollte das Interesse an Träumen neu geweckt werden (ebd.).
Es handelte sich also nicht um ein wissenschaftliches Projekt mit einer entsprechenden Fragestellung, sondern um psychoanalytische Traumdeutung, weiterhin mit Freud als theoretischer Grundlage, in die sicher auch der eine oder andere der zuvor erwähnten Traumdeutungsansätze einfloss und die sich neue Wege suchte, um Träume zu finden und zu deuten. Das Projekt wurde entsprechend auch nicht wissenschaftlich aufgebaut und ausgewertet. Nicht Freuds Thesen oder andere psychoanalytische Deutungsansätze sollten auf ihre Richtigkeit überprüft oder eine neue Theorie der Traumdeutung entwickelt werden, sondern die bereits bestehende Theorie wurde in einer neuen Form in einem neuen Setting angewendet.
Zu Projektbeginn wurden 23 sogenannte «Traumstationen» verteilt. Das waren blau angemalte Holzboxen, die in Kinos, Bars, Cafés, Hotels, Bibliotheken, psychoanalytischen Praxen und in einem Supermarkt in den Kantonen Zürich, Aargau, Luzern und Bern aufgestellt wurden. In diese Boxen konnten Interessierte ihre verschriftlichen Träume einwerfen und, wenn sie eine Kontaktmöglichkeit darauf hinterlassen hatten, eine psychoanalytische Deutung ihres Traums erhalten. Ein Pool von 19 Psychoanalytiker*innen, der sich aus PSZ-Mitgliedern in der Psychotherapie-Weiterbildung bis hin zu solchen mit jahrzehntelanger Erfahrung zusammensetzte, war für die Deutungen zuständig. Die Autorin war eine dieser Deutenden. Es gab ausserdem noch die Möglichkeit, Träume an eine E-Mail-Adresse zu senden oder auf einen Anrufbeantworter bei einer Telefonhotline zu sprechen, wobei Anrufende mitteilen konnten, ob sie die Deutung per E-Mail oder Post erhalten wollten. Unter der Telefonnummer konnten Interessierte ausserdem Träume anderer anhören, falls sie sich nicht an ihre eigenen erinnern konnten oder als Beschäftigung, wenn sie nachts nicht schlafen konnten (ebd.). Ausserdem wurden am Tag der Eröffnung der Traumstationen, am 21. September 2019, Luftballons fliegen gelassen, an denen Karten befestigt waren, auf denen ebenfalls Träume aufgeschrieben und eingesandt werden konnten.
Der Zulauf war sehr gross. Träume scheinen Menschen nach wie vor sehr zu bewegen. Es wurden insgesamt 213 Träume eingesandt, drei Träume waren auf Englisch, drei auf Französisch, die restlichen auf Deutsch, zwölf Einsendungen bestanden aus mehreren Träumen: Einige wollten die Möglichkeit des Deutens für mehrere ihrer Träume nutzen, einige empfanden ihre Träume als zusammengehörig. Bei sechs Einreichungen waren es jeweils zwei Träume, bei zwei jeweils drei, bei einer vier, bei einer fünf und bei einer sogar sieben. In die Traumstationen wurden 119 Träume im Zeitraum vom 21. September bis zum 20. November 2019 eingeworfen. 85 Träume wurden an die E-Mail-Adresse gesandt, teils standen sie direkt in der E-Mail, teils waren sie als Dokument angehängt. Sechs Träume wurden auf den Anrufbeantworter gesprochen. Drei Träume gelangten über die Ballonkarten an den Deutungspool. Sieben Träume wurden anonym eingereicht, sodass die Deutung, die dennoch stattfand, nicht zugestellt werden konnte. Neun Träumende wollten die Deutung per Post zugesandt bekommen, die übrigen per E-Mail. Vier Träumende sandten mehrfach Träume ein. 93 Träumende reagierten auf die zugesandten Deutungen, aber die meisten erst nach dem Follow-up, das per E-Mail erfolgte und in dem es darum ging, ob Traum und Deutung publiziert werden dürften. Die Mehrheit der Reaktionen war positiv, teils sogar euphorisch, nur drei waren kritisch, vier nahmen detailliert Stellung, wo sie sich bei der Deutung wieder gefunden hätten und wo nicht.
Wir Deutenden hatten es, wie schon erwähnt, nicht mit einer klassischen psychoanalytischen Traumdeutungssituation zu tun, da die Träumenden nicht bei uns in einer psychoanalytischen Psychotherapie waren und wir die Träume nicht in einen Therapieverlauf einordnen konnten. Sie waren losgelöst aus jeglichem Kontext, teils sogar von dem Wissen um das Geschlecht der Träumenden (ebd.). Es war also mehr im Sinne des Morgenthaler’schen Traumseminares, wie die Deutenden sich den Träumen nähern konnten, jedoch ohne ein Plenum an Mitdeutenden. Die Auseinandersetzung mit dieser besonderen Form des Deutens fand Eingang in ein Buch, das im Herbst 2021 unter dem Titel Traumstationen – Geheimagent Traum im Verlag Scheidegger & Spiess erscheinen wird.
Für Bader und Kolleg*innen (ebd.) sei durch das Traumstationen-Projekt immer deutlicher geworden, dass Träume grundsätzlich anonym seien, dass die Autor*innenschaft, wie allerdings auch im analytischen Setting, nicht immer so klar sei, sondern der Traum, seine Erzählung und Deutung Geschehen seien, durch die jeweils etwas Eigenes entstehe, das von einem Irgendwo herkomme, das man selbst nicht kenne, das etwas Fremdes enthalte, was nach psychoanalytischem Verständnis dem Unbewussten entspreche und nur assoziativ zugänglich sei. Dies entspricht auch dem Ansatz Hamburgers (2017, S. 22), der Träume ebenfalls als eine fremde Welt beschreibt, in die Träumende und Deutende eintauchen. Zudem gebe es das Phänomen, dass viele Träume Themen enthielten, die über die Träumenden hinausgingen, die sich zum Beispiel speisen würden aus sozialem und politischem Geschehen, Jahreszeiten und geschichtlichen Ereignissen, aus körperlichen Quellen und solchen, die man gar nicht genau bestimmen könnte. Träume würden sich also klar kontextabhängig zeigen und seien auch so zu verstehen (Bader et al., 2021a). Mit der Betrachtung der körperlichen Quellen bleibt die Missing Link-Gruppe in der Tradition Freuds, aber der Einbezug des Kontextes ausserhalb der psychoanalytischen Dyade und des familiären Umfeldes geht über die gängigen psychoanalytischen Deutungsansätze hinaus. Der Einfluss von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen wird bei keiner*keinem der zuvor angeführten Autor*innen in die Deutung einbezogen.
Das Vorgehen der Deutenden war unterschiedlich. Einige bemühten umso mehr die bekannten psychoanalytischen Theorien der Traumdeutung, fügten Erläuterungen dazu an, um sich bei ihren Deutungen abzusichern, einige wurden immer freier und assoziativer im Umgang. Die Autorin besann sich zurück auf die Textinterpretation ihres Germanistikstudiums, konzentrierte sich rein auf den Text, folgte seinen Bewegungen und öffnete ihre Deutung erst in einem zweiten Schritt einem assoziativeren und psychoanalytischeren Zugang. Es folgt ein Beispiel dafür.
Der nachfolgende Traum wurde per E-Mail an die allgemeine E-Mail-Adresse eingereicht und der Autorin zugewiesen, die Interpretation ist danach abgebildet, ebenso die spontane Reaktion der Träumerin auf die Deutung, die wiederum per E-Mail an die allgemeine E-Mail-Adresse erfolgte, ein direkter Kontakt zwischen Träumerin und Traumdeuterin entstand also nicht einmal per E-Mail.2 Mit diesem konkreten Beispiel soll ein Eindruck vermitteln werden, wie Träume eingereicht wurden und wie eine Traumdeutung davon aussehen kann.
Guten Tag liebes Traum-Analyse-Team
Wie ich gehört habe, kann man bis Ende Monat Träume einreichen, welche dann gedeutet werden.
Eine wunderbare Sache, wie ich finde! In diesem Sinne fange ich doch gleich an:
Ich bin in einem Skigebiet an einem Bügellift, der jedoch in der Höhe schwebt. Ich schaue um mich herum und das scheint normal zu sein. Links von mir sehe ich auch Menschn auf einem solchen Lift. Ich selber scheine auf etwas über dem Bügel zu sitzen. Nur habe ich bloss meinen rechten Fuss bzw. Ski auf dem Bügel, der Linke baumelt runter. Das scheint hingegen nicht so gewollt/normal und sehr gefährlich.
Wir, eine meiner Mitbewohnerinnen neben mir und ich, fahren auf einen Abschnitt zu, wo es sehr stark in die Tiefe geht. Ich kriege Panik (Höhenangst).
Ich frage meine Mitbewohnerin neben mir deshalb, ob sie mich ablenken könne und ob wir dazu vielleicht über unsere Lieblingsjahreszeit sprechen könnten?
… und wache auf. (Ich habe sehr oft Träume mit Skiliften oder Sesselliften in Skigebieten, wo ich nie hochkomme und immer aus irgendeinem Grund vom Skifahren abgehalten werde, obwohl ich doch so gerne Skifahren würde…)
Ich freue mich sehr über ihre Analyse und wünsche einen schönen Tag!
Danke vielmals, A.B.
Der Rahmen: Die Träumerin beginnt mit einer Einleitung zu ihrem Traum, in der sie sich an das Traumdeutungsteam wendet und das Projekt sehr lobt. Zum Schluss nimmt sie wieder Bezug auf das Traumdeutungsteam, freut sich auf die Analyse (könnte sich hier ein versteckter Wunsch zeigen, eine Psychoanalyse machen zu wollen, da sie hier nicht von Deutung, sondern von Analyse spricht?) und wünscht den Beteiligten einen schönen Tag. Sie scheint ein sehr bezogener wertschätzender Mensch zu sein, bedankt sich und unterschreibt ihren Traum. Ihr ist an einer Kontaktaufnahme gelegen, sie scheint einen Austausch zu wollen. Sie will ein Angebot nutzen und als Traumdeutende bekomme ich richtig Lust, ihr eine Deutung zu schenken, aber es entsteht auch ein gewisser Erwartungsdruck. Ich möchte es gut machen, ihr etwas Gutes geben, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass das auch mein eigenes Thema sein könnte (es gut machen, es den anderen recht machen wollen).
Der Traum: Die Träumerin schwebt auf einem Bügellift durch ein Skigebiet. Sie realisiert selbst, dass dies ungewöhnlich ist, schaut sich deshalb um, wie es bei den anderen ist, beruhigt sich mit der Bemerkung, dass dies normal zu sein scheint. Es scheint ihr wichtig zu sein, nicht aufzufallen. Dies wäre offenbar ein grösseres Problem, als auf einem Bügellift zu schweben, was ja nicht allzu bequem und auch nicht ungefährlich ist, was später allerdings auch noch Thema wird. Sie sieht auch andere Menschen auf einem solchen Lift fahren. Bei ihr scheint allerdings doch etwas besonders zu sein, so sitzt sie gar nicht direkt auf dem Bügel, sondern auf etwas darüber, was aber nicht klar zu erkennen ist. Die anderen scheinen direkt auf dem Bügel zu sitzen, sie ist also doch anders als die anderen. Sie sitzt gar nicht auf dem Bügel, sondern hat nur einen Fuss, nämlich den rechten auf dem Bügel – nur mit dem rechten macht sie es richtig. Es geht also auch hier wieder darum, ob sie sich konform verhält. In dem Satz kommt dann zum ersten Mal vor, dass es gefährlich ist, so wie sie sich auf dem Lift bewegt. Interessant ist die Formulierung: Es «scheint […] nicht so gewollt» zu sein, nicht: Ich wollte das gar nicht so. Es geht um die Norm. Und sie schliesst daran an: Es «scheint […] sehr gefährlich» zu sein, also nicht: Sie empfindet es als gefährlich, sondern es scheint so zu sein. Sie ist in dem ganzen ersten Abschnitt eher in einer Beobachterrolle als direkt im Traum. Sie kommentiert, was sie tut, ohne auf Gefühle von sich Bezug zu nehmen.
Nun kommt ihre Mitbewohnerin ins Spiel, bislang schien sie allein zu sein. Wie sich aber nun zeigt, fährt sie zusammen mit ihr auf dem Lift und sie bewegen sich auf einen Streckenabschnitt zu, wo es sehr tief hinunter geht. Zusammen mit der Mitbewohnerin tauchen zum ersten Mal eigene Gefühle auf: Sie bekommt Panik, erläutert dies in einer Klammer mit Höhenangst. Offenbar hat die Träumerin Höhenangst, zumindest in dem Traum. Sie weiss aber schon, wie sie damit umgehen muss: Ablenkung hilft und sie bittet ihre Mitbewohnerin darum. Sie weiss sich also selbst zu helfen, gibt ihr sogar einen Themenvorschlag: ihre Lieblingsjahreszeit, von der wir allerdings nicht erfahren, welche es ist. Erläutert sie sonst viel in ihrem Traum, bleibt dies ein Geheimnis. Offenbar ist die Lieblingsjahreszeit aber etwas, das ihr sehr am Herzen liegt, weil es sie sogar in Panik so in Beschlag nehmen kann, dass sie ihre Angst überwinden kann. In all ihrer Panik, in einem sehr gefährlichen Moment hat sie noch einen so klaren Kopf, dass sie ihrer Mitbewohnerin eine Hilfestellung geben kann, wie sie ihr wiederum mit ihrer Panik helfen kann. Das lässt auf eine Frau schliessen, die sich selbst gut regulieren kann, aber vielleicht auch etwas Sorge hat, anderen eine Last zu werden. Managt sie sich selbst, damit sie niemandem zu viel wird? Sogar den Lift belastet sie nur leicht, balanciert darauf, vertraut sich ihm nicht an. Das passt dazu, dass sie nicht alles von sich Preis gibt, wenn sie anderen eine Gebrauchsanweisung zu sich gibt. Zumindest etwas soll dem*der Traumdeutenden verborgen bleiben. Ihre Mitbewohnerin scheint zu wissen, was ihre Lieblingsjahreszeit ist, aber sie scheint ihr nicht zuzutrauen, ihr mit ihrer Panik beistehen zu können. Auf andere ist nur bedingt Verlass, besser man hat selbst alles im Griff.
Im Moment der Angst, wacht sie auf, was durchaus typisch für einen Angsttraum ist. Der Traum kann den Schlaf nicht weiter hüten, der Affekt wird zu stark, es kommt zum Abbruch.
Die Traumerläuterungen in Klammern: Gut gekennzeichnet, um es dem Deutungsteam leicht zu machen, gibt die Träumerin Erläuterungen mit: Sie hat sehr oft Träume von Liften in Skigebieten, kommt nie auf dem Berg an, bleibt also immer im oder mit dem Lift stecken und kann entsprechend nie Ski fahren, obwohl sie dies so gern würde. Hier ist nicht ganz klar, ob sie nur im Traum unbedingt Ski fahren will oder ob das auch ein Wunsch in der Realität ist. In den Träumen geht es also auf den ersten Blick um die Verhinderung einer Wunscherfüllung. Aber vielleicht will sie gar nicht Ski fahren, hat in den Bergen und auf den Liften mit ihrer Höhenangst zu kämpfen. Will sie dann keine Spielverderberin sein und anderen, wie ihrer Mitbewohnerin, den Wunsch Ski zu fahren nicht verweigern, spielt mit und macht das, was von ihr erwartet wird? Aber ihr Traum hat eine Lösung, wie sie endlich einmal auf ihre Kosten kommen könnte: Sie kommt einfach nicht an. Zwar ist sie auf dem Weg, aber muss doch nicht auf den Berg, sie klinkt sich vorher aus, wacht auf und entzieht sich damit der tatsächlichen oder vermeintlichen Pflichterfüllung.
Guten Tag
Merci, ja die Traumdeutung hat definitv wichtige Themen beinhaltet, die ich tatsächlich gerade am «anschauen» bin!
Ein guter Ansporn daran dran zu bleiben! Spannend wie sich das im Unterbewusstsein auch in bildlicher Sprache zeigt…
Und Sie können meinen Traum gerne verwenden, da habe ich keine Einwände.
Herzliche Grüsse, A.B.
Im Kontext der psychoanalytischen Deutungsansätze entspricht meine Deutung den interpersonellen Ansätzen Morgenthalers, Hamburgers und Steiner Fahrnis, was durch die Tatsache erleichtert wird, dass die Träumerin ihren Traum mit einem persönlichen Text gesendet und erläutert hat. Die Deutung beschäftigt sich bei der Analyse der E-Mail der Träumerin mit der Gegenübertragung, die ausgelöst wurde, und nimmt auf den Morgenthaler’schen Ansatz Bezug, in dem die Mitteilung von Träumen immer mit einer Intention verbunden ist (Morgenthaler, 2004, S. 46). Die Deutung beschäftigt sich aber auch mit der emotionalen Bewegung dahinter, also dem vermuteten Wunsch zu gefallen, es gut machen zu wollen, was auch wiederum Morgenthalers, aber ebenso Steiner Fahrnis Ansatz entspricht. In der Deutung des Traums selbst wird einerseits nach Morgenthalers unbewusster emotionaler Tendenz gesucht, wenn es darum geht, wie die Träumerin emotional in ihr Traumgeschehen involviert ist und wie sie sich und ihre starken Emotionen, ihre Panik, regulieren kann, aber auch das Beziehungsgeschehen ist weiter von Interesse, in dem Fall mit der Mitbewohnerin, die in der zweiten Hälfte des Traums auftaucht und deren Hilfe bei der Angstbewältigung in Anspruch genommen wird. Andererseits findet auch Freuds Ansatz zum Traum als Wunscherfüllung Eingang, wenn betrachtet wird, inwiefern es sich um eine allenfalls unbewusste Wunscherfüllung handeln könnte. Die Betrachtung des Interpersonellen ebenso wie der emotionalen Tendenz werden bei der Auseinandersetzung mit den Erläuterungen der Träumerin in Klammern nochmals aufgenommen.
Das Beispiel zeigt, dass etwas Interaktives auch ohne therapeutisches Setting entstehen kann. Obwohl ich nichts von der Träumerin wusste, ausser ihrer Traumerzählung und den Ergänzungen dazu, konnte ich offenbar wichtige Themen aus dem Verschriftlichen aufnehmen und der Träumerin zurückspiegeln. Es wirkt, als käme auch so ein Prozess in Gang, der zwar nicht von mir begleitet wird, aber durchaus Anstoss für eine Psychotherapie geben könnte.
Neben den Traumstationen stand eine originale Rikscha aus Indien mit dem sprechenden Namen «Via Regia» Menschen zur Verfügung, die einen Traum gedeutet haben wollten (Bader et al., 2021d). Zunächst war geplant gewesen, dass Mitfahrende während der Fahrt Träume erzählen und sie dann gleich von der*dem Fahrer*in gedeutet würden, aber dies erwies sich mit dem doch schon recht alten Rikscha-Modell als nicht praktikabel. Deshalb hielt Olaf Knellessen, der als einziger den Deutungsweg der Rikscha bediente, an verschiedenen Orten an und lud Menschen ein, sich in die Rikscha zu setzen und an dem jeweiligen Ort einen Traum zu erzählen, den er dort gleich deutete. In einem Gespräch berichtete er, dass durch die Erzählung des Traums ein psychoanalytischer Raum entstanden sei. Die Traumerzählenden und er seien in die Welt des Traums eingetaucht und hätten die Welt um sich vergessen. Dies halte er Kritiker*innen entgegen, die Traumdeutung nur im Setting einer Psychoanalyse oder psychoanalytischen Psychotherapie sehen möchten und die glauben, dass Psychoanalytiker*innen diesen therapeutischen Raum zur Verfügung stellen würden. In Wirklichkeit sei es die Erzählung, die diesen Raum selbst erschafft.
Nach dem grossen Erfolg der Traumstationen wurde dieses Projekt fortgesetzt. Es können bis heute Träume an eine dafür eingerichtete E-Mail-Adresse traum@psycho analyse-zuerich.ch gesandt werden (Bader et al., 2021b). Es steht ein kleinerer Pool von Psychoanalytiker*innen für die Traumdeutung zur Verfügung, die weiterhin gratis erfolgt. Zudem werden einzelne Träume in Form einer Audiodeutung durch drei Analytiker*innen im gemeinsamen Gespräch gedeutet und jeweils Sonntagvormittag unter «Podcast Traumstation» online gestellt (Bader et al., 2021c). Dies geschieht natürlich nur mit Einverständnis der Träumenden.
Betrachtet man die Praxis der Traumseminare, wird deutlich, dass die theoretische Grundlage immer noch Freuds Traumdeutung bildet, wenn auch das Setting sich deutlich von Freud abhebt. Bei Morgenthaler findet die Traumdeutung in einem Plenum statt, der Traum wird dabei zunächst völlig aus seinem psychoanalytischen Kontext gelöst, aber im Laufe der Auseinandersetzung damit im Traumseminar wieder in den Kontext zurückgeführt, über den von den Seminarteilnehmenden Hypothesen aufgestellt werden. Die Deutungen des Traums, die über ihn hinausgehen und sich mit dem psychoanalytischen Prozess, der Person der*des träumenden Patient*in und Themen, die möglicherweise in der Psychotherapie übersehen wurden, befassen, werden von den Traumerzählenden vielfach als sehr hilfreich erlebt und mit zurück in die Praxis genommen. Es findet also, nach der Lösung des Traums aus dem psychoanalytischen Setting, eine Bewegung wieder dorthin zurück statt.
Die Initiant*innen ebenso wie die Deuter*innen des Projekts der Traumstationen sind zwar Psychoanalytiker*innen, haben sich aber keinem spezifischen Deutungsansatz verpflichtet, in der Projektbeschreibung findet sich keine festgelegte theoretische Basis. Entsprechend eher vage sind die Äusserungen von Bader und Kolleg*innen, wenn es um theoretische Überlegungen zu den Traumstationen und ihrer Intention, die damit verfolgt werden soll, geht. Da der Anlass der Missing Link-Gruppe, Träume zum Gegenstand ihrer Preisausschreibung zu wählen, der Plan des Theaters am Neumarkt war, Freuds Traumdeutung zu inszenieren, darf von einer eher kreativen Annäherung an das Thema ausgegangen werden. Entsprechend originell und vielseitig ist das Vorgehen, Menschen zu motivieren, Träume einzureichen und eine Deutung zu erhalten.
Bei dem Projekt der Traumstationen gab und gibt es kein klassisches psychoanalytisches Setting, nur punktuell, wenn Menschen in einer Rikscha sitzend Träume erzählten und diese vor Ort von einem Psychoanalytiker gedeutet wurden, aber auch dann handelte es sich um keine fortlaufende Therapie, es gab nur das eine Treffen. Die anderen Deutungen laufen alle über ein Medium: Brief, E-Mail, Telefon (wobei die Deutung ebenfalls schriftlich erfolgte), Podcast. Es findet also kein direkter Kontakt in einem dafür vorgesehenen Praxisraum innerhalb eines Psychotherapieprozesses statt, sondern die Traumdeutung ist zeitversetzt. Wenn die Psychoanalytiker*innen den Traum rezipieren, haben die Träumenden den Prozess des Erzählens bereits abgeschlossen und sie erhalten die Deutung ebenfalls erst, nachdem sie verschriftlicht wurde (natürlich bis auf die Deutungen, die in der Rikscha stattfanden und zeitgleich waren). Allerdings besteht auch im psychoanalytischen Prozess eine zeitliche Verschiebung, da die Patient*innen ihren Traum nicht in der Psychoanalyse träumen, sondern erst später erzählen. Aber es findet immer eine unmittelbare Interaktion zwischen Analytiker*in und Patient*in statt. Und doch zeigt das Feedback, das die Träumenden per E-Mail gesandt haben, dass die Deutungen für sie stimmig gewesen seien, sie sich auch als Menschen hinter den Träumen verstanden gefühlt hätten, teilweise sogar Prozesse in Gang gekommen seien. Es hat also eine Art Interaktion stattgefunden, teilweise sogar durchaus in einem therapeutischen Sinn.
Von der Tatsache, dass sich die Träumenden verstanden gefühlt haben, lässt sich jedoch noch lange nicht ableiten, dass etwas Unbewusstes bewusst gemacht werden konnte, wie Freud dies postuliert, oder wie Morgenthaler intendiert, eine unbewusste emotionale Tendenz herausgearbeitet werden konnte. Aber das Interpersonelle wird doch selbst in diesem Setting möglich, wie das Fallbeispiel gezeigt hat. Im Feedback der Träumenden wurde immer wieder auf die Psychoanalyse Bezug genommen, teils weil sie beeindruckt von der Tiefe und Sorgfältigkeit der Deutung waren und dies dem psychoanalytischen Ansatz zuschrieben, teils weil sie manche Bezüge unverständlich fanden und dahinter psychoanalytische Theorien, die sie nicht kannten, vermuteten. Das Psychoanalytische ist also aus dem Projekt nicht wegzudenken und wurde auch für die Träumenden zumindest teilweise erlebbar.
Nach Bader und Kolleginnen ist durch die Rezeption der Traumerzählung und die Auseinandersetzung damit eine Art psychischer Raum entstanden, der seinen eigenen Rahmen schafft und seine eigene Dynamik hat, aber auch über die Träumenden hinaus weist auf einen gesellschaftlichen Kontext, der mitbedacht werden will, wodurch sie sich deutlich von den heutigen psychoanalytischen Traumdeutungsansätzen entfernen, bei denen der Raum, in dem die interpersonellen Interaktionen stattfinden, immer die Psychoanalyse ist, wo Träume analysiert und gedeutet werden.
Das Projekt der Traumstationen wurde von PSZ-Mitgliedern durchaus kritisch gesehen, weil es eben nicht wissenschaftlich fundiert war und sich auch therapeutisch um keine Einbettung bemüht hat. So nimmt Ralf Binswanger per E-Mail (29.07.2021) kritisch dazu Stellung, wenn er schreibt:
«So eine Aktion gibt einfach ein falsches Bild über das, was wir unter einem psychoanalytischen Prozess verstehen: Ein einseitiges Frage-Antwort-Spiel statt eines Zweipersonenprozesses; der ‹unwissende Träumer› frägt den ‹wissenden Psychoanalytiker› statt eines gemeinsamen Erkenntnisprozesses; die Antwort des Analytikers muss (mindestens zum Teil) intuitiv bleiben statt auf einem transparenten handwerklichen Prozess zu beruhen. Schliesslich: Entweder sind die Deutungen (vorbewusst) harmlos, so wie sich ‹der kleine Hans› die Freud’sche Traumdeutung vorstellt, oder sie wagt sich wirklich an eine unbewusste Hypothese heran, deren Schicksal beim Adressaten/der Adressatin unvorhersehbar ist und womöglich sogar Schaden anrichten und die Psychoanalyse vergällen kann.
Ich halte nichts von Psychoanalyse als hypes kulturelles Happening.»
Neben der mangelnden Wissenschaftlichkeit ist die Frage, wie psychoanalytisch das Projekt ist, sicher berechtigt. Immerhin hat sich bei den Träumenden, die Feedback gegeben haben, niemand gefunden, die*der Schaden genommen hat, aber auszuschliessen ist das natürlich trotzdem nicht.
Wenn man die Traumstationen als kreatives Projekt versteht, das sich mit Träumen multimedial auseinandersetzen will, und nicht als wissenschaftliches Forschungsprojekt zu psychoanalytischer Traumdeutung, das es meines Erachtens gar nicht sein will, dann hat es zumindest den Effekt gehabt, dass das Interesse an psychoanalytischer Traumdeutung neu belebt wurde und dass gezeigt werden konnte, dass Träumende auch auf diesem Weg Zugang dazu gefunden sowie die Deutungen als zutreffend und hilfreich erlebt haben. Traumdeutung findet hier losgelöst vom klassischen Setting mittels verschiedener neuer Medien statt. Die psychoanalytische Traumdeutung hat sich neue Wege gesucht, in denen sie gelebt und praktiziert werden kann, was dem klassischen psychoanalytischen Denken zuwiderläuft, aber deshalb nicht unbedingt unseriös und grundsätzlich negativ für die Psychoanalyse sein muss.
Bader, H., Burger, Y., Fornica Tittarelli, B., Ludwig, F., Knellessen, O., Thür, C. & Willi, B. (2021a). Die ersten Traumstationen im Herbst 2019. https://missinglink.psychoanalyse-zuerich.ch/traumstationen (01.08.2021).
Bader, H., Burger, Y., Fornica Tittarelli, B., Ludwig, F., Knellessen, O., Thür, C. & Willi, B. (2021b). Die Email-Traumstation ist wieder offen. https://missinglink.psychoanalyse-zuerich.ch/traumstationen (01.08.2021).
Bader, H., Burger, Y., Fornica Tittarelli, B., Ludwig, F., Knellessen, O., Thür, C. & Willi, B. (2021c). Podcast. Traumstation. https://missinglink.psychoanalyse-zuerich.ch/traumstationen (01.08.2021).
Bader, H., Burger, Y., Fornica Tittarelli, B., Ludwig, F., Knellessen, O., Thür, C. & Willi, B. (2021d). Traum Agent – Agent Traum. Eine Nacht – viele Nächte. https://missinglink.psychoanalyse-zuerich.ch/veranstaltungen (01.08.2021).
Bader, H., Burger, Y., Fornica Tittarelli, B., Ludwig, F., Knellessen, O., Thür, C. & Willi, B. (2021e). Über Missing Link. The Missing Link. PSZ-Preis für Psychoanalyse und … https://www.psychoanalyse-zuerich.ch/%C3%BCbermissinglink (01.08.2021).
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The Missing Link (2021 i. D.). Traumstationen – Geheimagent Traum. Altenburg: Scheidegger & Spiess.
Dream seminars and dream stations
A workshop report from psychoanalytic practice at the Psychoanalytic Seminar Zurich
Abstract: This article deals with two practical forms of current psychoanalytic dream interpretation practiced at the Institute for Continuing Education Psychoanalytic Seminar Zurich (PSZ). It discusses the dream seminars by Fritz Morgenthaler and the dream stations project of the Missing Link team, which consists of members of the PSZ. With his newly conceived dream seminars, Morgenthaler has created an instrument that provides participants with a deeper understanding of a presented dream by interpreting it, but also of the psychoanalytic context in which the dream took place and which is approached within the framework of the seminar. Dreams are even more strongly detached from the psychoanalytic setting at the dream stations, which were set up at various locations in German-speaking Switzerland and into which dreams could be entered in written form to receive a psychoanalytic interpretation, also in written form. In addition to these dream stations, there were also an e-mail address and a hotline where dreams could be submitted. Here, dream interpretation is no longer part of a psychoanalytic setting in practice rooms, but takes place in new virtual ways, to which podcasts will be added at a later date. So the dreams do not come to psychoanalysis, but psychoanalysis comes to them, to everyday life, where they happen. This project is intended as a practical creative experiment in the psychoanalytic approach to dreams and does not contain a scientifically based research approach.
Keywords: Freud’s interpretation of dreams, Morgenthaler’s dream seminars, dream stations, dreams, psychoanalysis
Seminari e centri per l’interpretazione dei sogni
Un rapporto di lavoro dalla pratica psicoanalitica in occasione del seminario di psicoanalisi Zurigo
Riassunto: Il presente articolo si occupa di due forme pratiche dell’attuale interpretazione dei sogni in campo psicoanalitico che vengono applicate presso il Weiterbildungsinstitut Psychoanalytisches Seminar Zürich (PSZ), l’Istituto di formazione Seminario Psicoanalitico di Zurigo. Nel presente scritto vengono trattati i seminari incentrati sull’interpretazione dei sogni tenuti da Fritz Morgenthaler e il progetto riguardante i centri per l’interpretazione dei sogni del team Missing Link che è composto dai membri del PSZ. Morgenthaler, con la sua ridefinizione dei seminari sull’interpretazione dei sogni ha creato uno strumento in grado di offrire ai partecipanti una comprensione più profonda del sogno, presentato attraverso la sua interpretazione, ma anche inserendolo nel contesto psicoanalitico in cui si è originato e a cui ci si avvicina nell’ambito del seminario. Ancora di più slegati dal setting psicoanalitico sono i sogni che vengono esaminati nei Centri per l’interpretazione dei sogni (Traumstationen), che sono stati allestiti in diverse zone della Svizzera tedesca e in cui è possibile far pervenire la trascrizione dei propri sogni per riceverne un’interpretazione psicoanalitica in forma scritta. Oltre a tali Centri, è possibile raccontare i propri sogni inviando un’e-mail a un indirizzo apposito o utilizzando un numero verde. L’interpretazione dei sogni in questa sede non fa più parte di un setting psicoanalitico nello studio del psicoterapeuta, ma avviene attraverso nuove forme virtuali, cui si è aggiunta in seguito anche la forma del podcast. Non sono più i sogni ad andare verso la psicoanalisi, è invece la psicoanalisi a raggiungerli nella quotidianità del loro accadere. Questo progetto è da intendersi come un esperimento pratico e creativo, che utilizza un approccio psicoanalitico per l’interpretazione dei sogni e non ha nessun fondamento scientifico di ricerca.
Parole chiave: interpretazione dei sogni, seminari sull’interpretazione dei sogni di Morgenthaler, Centri per l’interpretazione dei sogni, sogni, psicoanalisi
Die Autorin
Veronica Defièbre, M. Sc., arbeitet als delegierte Psychotherapeutin im Arzthaus Zürich Löwenplatz und Stadelhofen. Sie hat nach ihrem Master in Germanistik und Neuere Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München den Master in Psychotherapeutischer Psychologie an der Universität Krems absolviert. Sie ist Vizepräsidentin der ASP und in verschiedenen Projekten engagiert an ihrem ehemaligen Weiterbildungsinstitut PSZ.
Kontakt
E-Mail: praxis.defiebre@hispeed.ch
1 Bestehend aus Heini Bader, Yves Burger, Beatrice Fornica Tittarelli, Fabian Ludwig, Olaf Knellessen, Carla Thür und Barbara Willi.
2 Der Name der Träumerin ist der Redaktion bekannt. Ihr wurde Anonymität zugesichert. Der Text wurde bewusst so gelassen, wie er eingereicht wurde, mit Tippfehlern, um ihn unverfälscht zu erhalten.