Bericht

Peter Schulthess

21. Weltkongress der IFP 9.-11. Mai 2014, Shanghai

Die IFP (International Federation for Psychotherapy) ist 1934 durch Vorsitzende verschiedener nationaler Psychotherapieverbände aus Dänemark, Deutschland, Holland, Schweden und der Schweiz gegründet worden.

Aktiver Initiant und erster Präsident war Carl Gustav Jung.

Die IFP versteht sich als weltweite Dachorganisation für Psychotherapie. Sie ist offen für Verbände, Institutionen und Einzelmitglieder. Sie setzt sich ein für hohe berufliche Standards der Psychotherapie und Ethik in Praxis, Forschung und Ausbildung. Sie fördert einen weltweiten interkulturellen und interdisziplinären Austausch und gegenseitiges Lernen unter Psychotherapeuten, Forschern unterschiedlicher Therapierichtungen und Traditionen und ist wissenschaftsorientiert.

Mittlerweile gehören ihr 30 Verbände aus verschiedenen Ländern an, unter ihnen die Schweizer Charta für Psychotherapie mit all ihren Mitgliedsorganisationen und deren Einzelmitglieder.

Weitere Informationen zur IFP sind unter www.ifp.name einsehbar.

Alle 4 Jahre wird ein Weltkongress ausgetragen. Dieses Jahr fand er am 9.-11. Mai in Shanghai statt zum Thema „Psychotherapy Contributing to Global Health“. Es waren ca. 1200 Teilnehmende da. 200 ReferentInnen aus 29 Ländern präsentierten ihre Beiträge in Vorträgen, Workshops oder Posters. Neben den Plenarveranstaltungen konnten in 11 Räumlichkeiten im Kongresszentrum des Everbright International Hotel Parallelveranstaltungen stattfinden. So wurde ein guter und intensiver Austausch über kulturelle Grenzen hinweg ermöglicht.

Natürlich waren zahlreiche Beiträge für das chinesische Publikum gedacht, denn etwa die Hälfte der Teilnehmenden stammte aus diesem Land. In China herrscht ein grosses Interesse an Psychotherapie westlichen Ursprungs seit das Land sich geöffnet hat.

In seinem Eröffnungsvortrag erwähnte der Präsident der IFP, Franz Caspar, Bern, dass es seit 2013 ein Mental Health Gesetz gibt, in welchem die Psychotherapie geregelt wird. Allerdings hat dieses Gesetz nicht nur stärkende Wirkung für die Psychotherapie, sondern auch einschränkende. Es gibt noch viele Hindernisse zu überwinden, bis die Psychotherapie auch als freier Beruf ausgeübt werden kann. So ist die Psychotherapie noch kein freier Beruf, sondern zur Behandlung von psychischen Krankheiten den Ärzten vorbehalten, bzw. unter deren Verantwortung auch durch Psychologen möglich. Psychotherapieausbildungsplätze an Kliniken für Psychologen gibt es kaum, während die Ärzte kaum über eine Ausbildung verfügen und zu wenig Zeit haben, psychotherapeutisch tätig zu sein. So sollten am Rande des Kongresses auch Gespräche mit anwesenden internationalen Experten, chinesischen Fachexperten und Vertretern der Politik geführt werden, um diese Probleme zu erörtern und nach Lösungen zu suchen, um den Mangel an Psychotherapeuten zu beseitigen.

Der Bereich des Mental Health habe sich von einem medizinischen Ansatz zu einem sozialen weiterentwickelt und habe weltweit, insb. auch in China, an Bedeutung gewonnen. Es stellten sich die Fragen, welche Rolle die Verwaltung, die Politik in der Regulierung der Psychotherapie einnehmen solle und welche Rolle die Fachvertreter. Wissenschaftlich stelle sich die Frage, ob nur evidenzbasierte Therapieansätze verwendet werden dürfen oder auch andere, und ob das Konzept der evidence based Medizin nicht vielleicht überdacht und revidiert werden müsse im Lichte der modernen Psychotherapieforschung.

Der Kongress gab einen guten Rahmen auch für solche Fragestellungen.

Interessant war, wie manche international bekannte Persönlichkeiten, wie Norman Sartorius, Genf, oder Jacques Barber, Pennsylvania, sich nach wie vor zum RCT (Randomized Controlled Trial) Standard bekannten, der auch in der Psychotherapieforschung eingehalten werden müsse, während Franz Caspar, Bern, dies in seinem Plenarvortrag relativierte und meinte, es gäbe wohl für die Psychotherapie-Praxisforschung heute adäquatere Designs und die Psychotherapiewissenschaftler sollten sich denen nicht verschliessen, sondern ihre Kreativität zur Entwicklung neuer Forschungsansätze nutzen.

Immerhin präsentierte Barber in seinem Vortag eine Metastudie zum Vergleich von Kognitiver Verhaltenstherapie mit Dynamischer Psychotherapie und entlarvte die These, dass Verhaltenstherapie der Dynamischen Psychotherapie überlegen sei, als Mythos.

Einen interessanten Plenarvortrag hielt Xiao Zeping, China, zum Thema Gemeinsame Werte der Psychotherapie in unterschiedlichen Ländern der Welt. Er verglich die Werte und Haltungen der westlichen Psychotherapie mit den traditionellen Haltungen in China, basierend auf Daoismus, Buddhismus, Konfuzianismus und ganzheitlichem Denken.

Als Gestalttherapie-Ausbildner in China präsentierte auch der Berichtende gemeinsam mit chinesischen ProfessorInnen der Universitäten Nanjing, Fuzhou und einer Klinik in Wuhan die Gestalttherapie als ein Verfahren, welches westliche und östliche Wurzeln hat und aufgrund der nunmehr 6 jährigen Ausbildungserfahrungen des IGW (Institut für Integrative Gestalttherapie Würzburg) mit den Kooperationspartnern der beiden genannten Universitäten gut zur chinesischen Kultur passt und hilfreich ist. Natürlich präsentierte der Berichtende auch Resultate der PAP-S (Praxisstudie Ambulante Psychotherapie Schweiz) und fand bei den anwesenden Wissenschaftlern grosses Interesse und Lob für das Design. Die PAP-S kann inspirierende Wirkung auf die vergleichende Psychotherapieforschung auch in China haben.

Wer interessiert ist an schulenvergleichender Psychotherapie, Forschung, Praxisberichten und kulturellem Austausch, der konnte an diesem Kongress viel lernen und bereichert nach Hause zurückkehren.

Autor

Peter Schulthess ist Präsident der Schweizer Charta für Psychotherapie und Council Member der IFP. Er lehrt Gestalttherapie in verschiedenen Ländern und Kulturen und wirkt auch in China als Ausbilder für das IGW.